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Sieben der größten Banken Europas haben eine Kooperation mit dem amerikanischen IT-Unternehmen IBM gestartet. Gemeinsam wollen sie eine Plattform für die Handelsfinanzierung kleinerer und mittlerer Unternehmen in Europa schaffen, die auf der Blockchain-Technologie basiert. Dies ist die dezentrale Datenbank-Technologie, die Bitcoin und Ethereum möglich macht.
IBM wird die neue Cloud-basierte Handelsfinanzierungs-Plattform für das Digital Trade Chain Consortium bauen und betreiben. Zum Digital Trade Chain Consortium gehören sieben Banken, darunter die Deutsche Bank, HSBC, KBC, Natixis, Rabobank, Société Générale und Unicredit. Sie verfolgen gemeinsam das Ziel, den grenzüberschreitenden Handel kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) einfacher und transparenter zu machen.
„Wir bauen eine Benutzeroberfläche, welche die Banken durch ihr Umfeld für Kunden von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) verfügbar machen werden, für kaufende KMU und verkaufende KMU“, sagte Keith Bear, Vizechef der globalen Finanzdienstleistungen bei IBM, zu CoinDesk. Die Banken werden für die Kundenbeziehungen verantwortlich sein, unter anderem für die Einhaltung der Regulierungen zur Kundenidentifikation (KYC).
Die Lösung mithilfe der Blockchain-Technologie soll die Transaktionskosten senken sowie die Transparenz für kleinere und mittlere Unternehmen erhöhen. Keith Bear von IBM nennt Zahlen der Weltbank, wonach derzeit bis zu 50 Prozent der KMU keinen Zugang zu formalen Kreditkanälen haben. Die Blockchain-Lösung sei ein erster Schritt, um diese Finanzierungslücke für kleinere Unternehmen zu schließen.
„Es ist ein großer und wichtiger Markt, aber er wird nicht wirklich gut bedient durch die Möglichkeiten der Handelsfinanzierung“, sagt Keith Bear. „Dies könnte sie offensichtlich daran hindern, international zu handeln und möglicherweise auch im Inland.“ Die Lösung dieses Problems wird derzeit bei IBM entwickelt. Die Umsetzung ist für Ende 2017 geplant.
„Wir sind überzeugt, dass die Blockchain in Zukunft eine riesige Wirkung auf die Banken haben wird und dass die Handelsfinanzierung eine der größten potentiellen Anwendungen der Technologie ist“, zitiert die Financial Times Rudi Peeters, Vorstand Informationstechnologie der KBC Group. Das belgische Finanzunternehmen hat den Vorläufer des neuen Systems entwickelt, den es bereits mit einigen seiner Kunden, kleinen belgischen Unternehmen, getestet hat.
Die aktuelle Praxis der Handelsfinanzierung hat sich seit der Zeit der venezianischen Händler des 16. Jahrhunderts kaum verändert. Sie ist noch immer umständlich. Unternehmen müssen über Wochen warten, bis sie für ihre Waren bezahlt werden. „Die Handelsfinanzierung ist ein offensichtliches Anwendungsgebiet für die Blockchain, weil sie derzeit sehr papierintensiv, komplex und teuer ist“, sagt KBC-Vorstand Rudi Peeters. Der größte Bedarf besteht bei kleinen und mittleren Unternehmen, da viele von ihnen derzeit überhaupt keinen Zugang zu Handelsfinanzierung haben.
Laut Rudi Peeters planen die sieben beteiligten Banken, die Plattform zu erweitern, um zu einem späteren Zeitpunkt auch interkontinentale Schiffsrouten einzubeziehen. Doch zunächst hätten sie entschieden, dass es erst einmal einfacher ist, die Straßenwege der europäischen Handelsrouten zu bewältigen. Nach ihrem Start Ende des Jahres wird die Plattform voraussichtlich weitere Banken, Speditionsfirmen, Verfrachter und Kreditagenturen hinzufügen. Sie soll es den KMU auch ermöglichen, Bestellungen zu verfolgen und mithilfe von Smart Contracts automatische Zahlungen für bestimmte Ereignisse zu vereinbaren, etwa für den bestätigten Empfang einer Ware.
Die Zusammenarbeit der sieben Banken mit IBM zeigt, dass sie die Handelsfinanzierung als einen Bereich identifiziert haben, wo Blockchain großes Potential aufweist. Denn zwar findet die Technologie derzeit noch fast ausschließlich als Grundlage der Kryptowährungen wie Bitcoin Anwendung, doch verspricht Blockchain auch Anwendungsmöglichkeiten in vielen anderen Bereichen.
So hat sich IBM dieses Jahr auch mit Maersk zusammengetan, der weltgrößten Containerschifffahrtsgesellschaft. Gemeinsam wollen sie eine Blockchain-basierte Plattform starten, um die Zulieferkette zu digitalisieren und Verladungen weltweit nachzuverfolgen.
Die erste Blockchain-Transaktion einer Handelsfinanzierung wird von Barclays und dem israelischen Start-up Wave beansprucht. Im letzten September garantierten sie auf diese Weise Exporte im Wert von fast 100.000 Dollar. Die irische Genossenschaft Ornua lieferte damals Butter und Käse an die Seychelles Trading Company. Der Finanzierungsprozess, der normalerweise sieben bis zehn Tage dauert, konnte in weniger als vier Stunden erledigt werden.