Finanzen

Iranische Start-ups blühen im Schatten der Sanktionen

Lesezeit: 2 min
13.08.2017 18:15
Die dem Land vom Westen auferlegten Sanktionen haben zur Bildung innovativer heimischer Start-ups geführt.
Iranische Start-ups blühen im Schatten der Sanktionen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die US-Sanktionen haben die Entwicklung der iranischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren stark behindert, doch wo es Schatten gibt, gibt es auch Licht: So sind dank der internationalen Isolation des Landes iranische Internetfirmen und Start-ups wie Snapp, Digikala oder Pintapin aufgeblüht, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Geschützt vor der übermächtigen Konkurrenz ihrer internationalen Rivalen Uber, Amazon und Booking.com haben sich diese Start-ups auf dem iranischen Markt frei entwickeln können.

Alle drei Firmen orientieren sich an den Vorbildern aus dem Silicon-Valley, doch betonen ihre Manager, dass es kein einfaches „Copy-and-Paste“ geben könne. „Es braucht umfassende lokale Kenntnisse und im Zweifelsfall ein völlig anderes Geschäftsmodell, um im Iran rentabel zu sein“, sagt der 32-jährige Pintapin-Chef Amirali Mohadscher, dessen Firma über das Internet Hotelbuchungen anbietet.

Der Firmensitz befindet sich mit den Büros anderer Start-ups im Gebäude der Iran Internet Group in Teheran. Die Angestellten Mitte zwanzig tragen eng anliegende Jeans und locker sitzende Kopftücher, während sie vor ihren Computern an einem Kaffee nippen.

Mohadscher hat sich nach 16 Jahren im Ausland zur Rückkehr entschlossen, weil er überzeugt ist, dass die neuen Technologien im Iran „einen echten Unterschied“ machen können. In der Hotelbranche sieht er großen Nachholbedarf. „Bis vor kurzem wurden Reisen per Telefon oder Fax organisiert – wie im letzten Jahrhundert“, sagt er. Nun versucht er, Hoteliers zu überzeugen, auf seine Buchungsplattform umzusteigen.

Die Technologiemesse Elecomp in Teheran verzeichnet seit Jahren ein steigendes Interesse. Gab es vor drei Jahren noch 80 Teilnehmer, registrierten sich zur diesjährigen Messe Mitte Juli 400 Firmen. Wegen der scharfen US-Finanz- und Handelssanktionen, die trotz des internationalen Atomabkommens von Juli 2015 in Kraft bleiben, sind auf der Messe kaum ausländische Konzerne vertreten.

Viele Iraner sehen die internationale Isolation mit gemischten Gefühlen. „Wenn ein Land Sanktionen unterliegt, schafft das Gelegenheiten, vieles selbst zu machen“, sagt Naserali Saadat, der die Messe Elecomp organisiert. Not macht erfinderisch, heißt es schließlich. „Insgesamt ist Isolation aber nicht gut. In dieser Welt kann man nicht leben wie auf einer Insel.“

Auch der deutsch-iranische Unternehmer Ramtin Monasahian sieht Vor- und Nachteile in der Isolation des Landes. Er hat 2014 Berlin verlassen, um im Iran den Onlineshop Bamilo aufzumachen und die App Snapp zu gründen, über die Nutzer ein Auto mit Fahrer buchen können. Für ihn bedeuten die Sanktionen, dass er nicht wie andere Start-ups darauf hoffen kann, von Investoren für Milliarden Dollar aufgekauft zu werden.

Zugleich sind seine Start-ups aber auch nicht der harten Konkurrenz von Giganten wie Uber oder Amazon ausgesetzt. Der Iran sei vermutlich „das letzte große Land, wo es nicht viel Konkurrenz gibt“, sagt der junge Mann. 80 Millionen Einwohner zählt das Land sowie eine große, gut ausgebildete Mittelklasse, die nach Konsum lechzt. Für Snapp, Pintapin und Co ist das ein lukrativer Markt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

 

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...