Politik

Libyen warnt vor neuer Migrations-Bewegung nach Europa

Die Regierung warnt vor einer neuen, unkontrollierten Migrations-Bewegung aus Nordafrika.
27.08.2017 16:59
Lesezeit: 2 min

Die international anerkannte libysche Regierung in Tripolis warnt, dass im Zuge der Masseneinwanderung nach Italien auch zahlreiche Terroristen nach Europa kommen könnten. Die EU-Staaten müssten nach den Worten von Premierminister Faiez Serraj viel mehr tun, um die Zuwanderung nach Libyen und dann nach Italien zu verringern, berichtet The Times.

„Wenn die Migranten Europa erreichen, können sie sich dort frei bewegen. Wenn es sich darunter – was Gott verhüten möge – um Terroristen handelt, dann werden mögliche Anschläge alle EU-Staaten betreffen“, wird Serraj von der Londoner Times zitiert. Serrajs Warnungen kommen rund eine Woche nach dem verheerenden Anschlag in Barcelona, welcher von den Sicherheitsbehörden Tätern zugeordnet wird, die aus Nordafrika stammen sollen.

Seit Jahresbeginn haben fast 100.000 Menschen Italien erreicht. Schätzungen zufolge halten sich noch mindestens 700.000 Migranten in Libyen auf und warten auf eine Möglichkeit zur Überfahrt nach Italien.

The Times berichtet, dass sich das politische Klima in Italien vor der wichtigen Wahl im kommenden Jahr zu verändern beginnt. So habe die oppositionelle 5-Sterne-Partei in den vergangenen Wochen eine härtere Haltung gegenüber Flüchtlingen eingenommen und die rechte Partei Lega Nord konnte in Wahlumfragen aufholen. Mit zunehmendem Ärger werde in Italien registriert, dass sowohl Frankreich als auch Österreich ihre Grenzen für Migranten aus Italien dichtgemacht haben, während die rund 200.000 Aufnahmeplätze im Land inzwischen belegt sind.

In Italien selbst geht die Regierung mittlerweile mit Härte gegen Migranten vor, wie sich vor einigen Tagen bei der Räumung eines besetzten Hauses in Rom gezeigt hat. 

Der italienische Außenminister Angelino Alfano macht klar, dass er sich von den anderen Europäern im Stich gelassen fühlt. Von der Times gefragt, ob die EU als Schicksal Italiens ignoriere, sagte er: „Ein ganz klares Ja. Italien setzt sich sehr ein, aber wir können diese Bürde nicht mehr allein tragen. Innenminister Marco Minniti sagte, dass „die unkontrollierte Einwanderung die gesellschaftliche und demokratische Verfassung Italiens bedroht.“

Luigi Di Maio, der potentielle Kandidat der 5 Sterne-Partei für den Posten des Premierministers sagte, dass „Italien riskiere, zum Flüchtlingslager Europa“ zu werden. Der Politiker rechnete das Leid der Migranten gegen die Probleme der Italiener auf: „Bei uns gibt es rund 10 Millionen Italiener, die in Armut leben, während jedem Migranten 38 Euro am Tag gegeben werden. Dies ist ein Hochdruck-Topf, der irgendwann explodieren wird.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Vorwurf zurückgewiesen, dass von der libyschen Küstenwache aufgegriffene Migranten und Flüchtlinge in Lager mit unmenschlichen Bedingungen zurückgebracht würden. "Die libysche Küstenwache übergibt sie diese an internationalen Organisationen", sagte Merkel am Sonntagabend im ZDF-Sommerinterview in Berlin. Ziel sei es, menschliche Bedingungen für diese Menschen in Libyen zu schaffen. Dafür benötigten die internationalen Organisationen rund 150 Millionen Euro in diesem Jahr. "Wir geben ungefähr 50 Millionen, im Augenblick reicht es noch, wir würden auch mehr geben", sagte Merkel. Bisher seien von der libyschen Küstenwache rund 12- 15.000 Menschen innerhalb der libyschen Gewässer aufgegriffen und wieder an Land gebracht worden. Die Kanzlerin hatte diese Politik vor wenigen Tagen mit dem Hohen Flüchtlingskommisaar des UNHCR, Filippo Grandi, und dem Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), William Lacy Swing, in Berlin besprochen. Libyen gilt derzeit als wichtigstes Transitland für afrikanische Migranten auf dem Weg in die EU.

Die CDU-Chefin widersprach auch der Einschätzung, dass es das Ziel der Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern sei, Asylentscheidungen dort vor Ort zu treffen und Beamte des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) etwa in Transitländer in Afrika zu schicken. "Wir können nicht Bamf-Außenstellen dort bilden", sagte sie. Ziel der Migrationspartnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern sei vielmehr, Menschen möglichst bereits in der Nähe ihrer Heimat zu betreuen und illegale Migration durch legale Möglichkeiten für eine Ausbildung oder Arbeit in der EU zu ersetzen. Vorbild etwa für Libyen sei hier das EU-Türkei-Migrationsabkommen, sagte sie.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Greg Abel übernimmt: Der stille Stratege hinter Warren Buffetts Milliarden-Imperium
17.05.2025

Mit dem Rückzug von Warren Buffett endet eine Ära. Doch an die Stelle des legendären Investors tritt kein charismatischer Visionär,...

DWN
Panorama
Panorama In Zeiten von Trump: Bleibt das Traumziel USA für Deutsche attraktiv?
17.05.2025

Die USA galten lange als Traumziel für deutsche Urlauber. Doch politische Entwicklungen und wachsende Unsicherheit verändern das Bild....

DWN
Immobilien
Immobilien Koalitionsvertrag 2025: Das bedeutet er für Mieter, Vermieter und Immobilienbesitzer
17.05.2025

Union und SPD haben nach längerem Hin und Her den Koalitionsvertrag für die kommende Regierungsperiode unterschrieben. Was dieser zu den...

DWN
Technologie
Technologie Batteriekrieg mit China: Europa setzt auf Start-ups, Peking baut Gigafabriken
17.05.2025

Der technologische Wettlauf gegen Pekings Expansionsstrategie hat begonnen. Start-ups wie Factorial und Industriegiganten wie Mercedes...

DWN
Politik
Politik Präsidentschaftswahlen in Rumänien: Wird George Simion Trumps „Werkzeug“ in Europa?
17.05.2025

Ein Trump-Verehrer an der Spitze Rumäniens? George Simion, der Favorit für die Präsidentschaft, ist zuversichtlich, dass er die Wahl am...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt: Klingbeils Kraftakt mit zwei Haushalten und einem klaren Ziel
17.05.2025

Ein Kaltstart für Finanzminister Klingbeil: Treffen in Brüssel, die Steuerschätzung, Gespräche der G7 – alles binnen zwei Wochen. Der...

DWN
Politik
Politik Elon Musk: Der stille Umbau der USA in ein Tech-Regime
17.05.2025

Nie zuvor in der modernen Geschichte der USA hat ein einzelner Unternehmer derart tief in den Staat eingegriffen. Elon Musk, offiziell ohne...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up WeSort.AI: Wie künstliche Intelligenz die Mülltrennung revolutioniert
16.05.2025

Die Müllberge wachsen von Jahr zu Jahr, bis 2050 sollen es fast siebzig Prozent mehr Abfall sein. Die Brüder Johannes und Nathanael Laier...