Mitten im Verkaufsprozess muss die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin Dutzende Flüge streichen. "Wir verzeichnen aktuell ungewöhnlich viele Krankmeldungen der Piloten", erklärte die Airline am Dienstag. "Bislang sind rund 70 Flüge gestrichen für heute." Das Unternehmen rief auf seiner Internetseite betroffene Fluggäste auf, nicht zum Flughafen zu kommen und sich stattdessen an die Hotline zu wenden. Die Bild-Zeitung berichtete, Hintergrund der Flugausfälle sei eine Piloten-Revolte. Denn am Montag seien die Verhandlungen zum Übergang von 1200 Air-Berlin-Piloten auf den potenziellen neuen Käufer von der Geschäftsführung abgebrochen worden. Vertreter der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die Konzernspitze reagierte mit drastischen Worten, wie am Dienstag aus einem Brief an die Mitarbeiter hervorgeht, der der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. "Heute ist ein Tag, der die Existenz der Air Berlin bedroht", schrieb Manager Oliver Iffert an die Belegschaft. Tausende von Passagieren seien auf dem Weg zu den Flughäfen und würden dort vergeblich auf ihren Abflug warten. Zudem berichteten die Medien intensiv darüber. "In einem schlechteren Licht kann ein Unternehmen gar nicht dastehen als die Air Berlin am heutigen Tage." Der Grund für die Flugstreichungen sei eindeutig: "Es gibt heute rund 200 Krankmeldungen im Cockpit, vor allem von Kapitänen."
Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Interessenten können ihre Angebote bis zum 15. September abgeben. Eine Entscheidung über den Verkauf der Airline als Ganzes oder Teile davon könnte schon am 21. September fallen. "Gerade in dieser angespannten Situation sind die heutigen Ereignisse pures Gift", schrieb Iffert. Sie könnten die "Sanierungschancen und die weitere Betriebsfortführung der Air Berlin gefährden".
Allein gut 50 Flüge von und nach Berlin-Tegel fielen nach Angaben eines Flughafen-Sprechers aus. Von Düsseldorf aus wurden 16 Flüge gestrichen und von München aus sieben. Air Berlin betreibt auch für den Lufthansa-Ableger Eurowings Dutzende Flüge. Eurowings wurde von den Berlinern nach eigenen Angaben kurzfristig darüber informiert, dass "zahlreiche" betroffene Maschinen am Boden bleiben würden. Dennoch erklärte die Billigtochter der Lufthansa, dass der überwiegende Teil der täglich 650 Eurowings-Flüge wie geplant stattfinden werde.
Zuletzt musste Air Berlin schon zahlreiche Langstreckenflüge streichen, um Kosten zu sparen. Denn mangels Vertrauen der Kunden brachen die Buchungen ein und hätten somit zu einem Verlustgeschäft geführt. Anfang der Woche hatte Air Berlin angekündigt, ab dem 25. September sein Karibik-Flugprogramm ab Düsseldorf zu beenden und die Streichung von USA-Flügen vorzuziehen. Grund dafür war, dass ein Leasingunternehmen mehrere A330 Maschinen zurückhaben wollte, wie Reuters aus Branchenkreisen erfahren hat.