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Airbus erwartet harte Zeiten wegen massiver Korruption

Lesezeit: 2 min
07.10.2017 01:36
Der Chef von Airbus bereitet in einem Brief die Mitarbeiter aus schwere Zeiten wegen eines massiven Korruptionsskandals vor.
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Airbus-Chef Thomas Enders bereitet die Belegschaft des Flugzeug- und Rüstungskonzerns auf empfindliche Strafen wegen Korruption vor. Die laufenden Ermittlungen in Großbritannien und Frankreich könnten zu "beträchtlichen Bußen" führen, heißt es in einem Brief von Enders an die 130.000 Mitarbeiter, der Reuters am Freitag vorlag. Airbus stünden "turbulente und verwirrende Zeiten" bevor. Der Konzern hatte sich 2016 bei den britischen Behörden selbst angezeigt. Der Verwaltungsrat stehe trotz der drohenden Strafen hinter ihm und Chefjustiziar John Harrison, schrieb Enders. Er bitte auch die Belegschaft, den Vorstand und den Verwaltungsrat zu unterstützen.

Die Münchner Staatsanwaltschaft steht mit ihren Nachforschungen zu einem System schwarzer Kassen bei Airbus kurz vor dem Abschluss. Die Ermittlungen rund um die britische Firma Vector und ihre Rolle bei einem milliardenschweren Eurofighter-Auftrag Österreichs seien weit gediehen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I am Freitag. "Wir wollen das Verfahren demnächst abschließen." Es gehe primär um den Vorwurf der Untreue, das Verfahren richte sich gegen 16 Beschuldigte. Airbus-Chef Thomas Enders sei nicht darunter. Zu Schmiergeldzahlungen von Vector an Dritte gebe es bislang kaum Beweise.

Eine Vorabmeldung des Magazins "Der Spiegel", wonach die Behörde demnächst Anklage erheben will, wollte die Sprecherin nicht bestätigen. Ein Airbus-Sprecher bekräftigte am Freitag: "Weder die seit Jahren andauernden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in München und Wien noch unsere eigenen umfangreichen Untersuchungen haben Anhaltspunkte ergeben, die auf Bestechung im Zusammenhang mit dem Verkauf von 'Eurofighter'-Flugzeugen nach Österreich hindeuten." Der Airbus-Vorgänger EADS hatte 2003 einen Auftrag der österreichischen Regierung zur Lieferung des Kampfflugzeugs erhalten und sich im Gegenzug verpflichtet, in der Alpenrepublik zu investieren.

Solche Gegengeschäfte waren damals üblich. Vector Aerospace sollte diese Gegengeschäfte abwickeln, diente aber womöglich nur zur Verschleierung der schwarzen Kassen, wie die Staatsanwälte vermuten. "Wir untersuchen den Sachverhalt, dass aus dem Vermögen von EADS Deutschland von 2005 bis 2010 Geldbeträge an Vector ohne Gegenleistung auf Grundlage von Schein-Beratungs- und Schein-Vermittlungsverträgen geflossen sind", erklärte die Staatsanwaltschaft. Insgesamt geht es um 114 Millionen Euro. Die Behörden in München und Österreich ermitteln gemeinsam.

Der "Spiegel" berichtet, ein Geflecht aus Briefkastenfirmen rund um Vector sollte dazu dienen, Schmiergeldzahlungen an Entscheidungsträger in Österreich zu leisten, die am Kauf der Eurofighter-Maschinen beteiligt waren. In Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft München wird dokumentiert, dass eine Abteilung des Konzerns in Paris ein weltweites Schmiergeld-Netz aufgezogen haben soll. Es geht konkret um den Einsatz von externen Beratern, die ein System schwarzer Kassen geschaffen haben sollen. Mit diesen Bestechungszahlungen sollen Flugzeuglieferungen des deutsch-französischen Konzerns nach Tunesien, China, Indonesien, Sri Lanka und Kasachstan befördert worden sein, heißt es in dem "Spiegel"-Bericht.

Der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil fühlt sich durch den Bericht bestätigt: "Auch die Ermittlungen der heeres-internen Task Force haben gezeigt, dass die Gegengeschäfte ein Einfallstor für Korruption waren." Der Konzern sei nicht Opfer, sondern Täter. "Airbus wäre gut beraten, endlich aktiv an der Aufklärung der vielen Korruptionsvorwürfe mitzuarbeiten."

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte im April erfahren, dass Airbus-Chef Enders im Zusammenhang mit dem Kampfjet-Auftrag aus Österreich ins Visier der Wiener Staatsanwaltschaft geraten ist. Enders war damals Chef der Rüstungs-Sparte. Die österreichische Justiz ermittelt wegen schweren Betrugs gegen ihn. Die Ermittler dort hatten ein Verfahren gegen den Konzern eröffnet, nachdem das Wiener Verteidigungsministerium die Airbus Defence and Space GmbH (die ehemalige EADS Deutschland) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH angezeigt hatte. Österreich fühlt sich beim Kauf von 15 Eurofightern getäuscht und fordert rund 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz. Eine Anklageerhebung sei aber nicht absehbar, sagte ein Sprecher.

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