In Deutschland gab es Ende vergangenen Jahres mehr als doppelt so viel schutzsuchende Flüchtlinge wie zwei Jahren zuvor: Die Zahl lag 2016 bei rund 1,6 Millionen. Das waren 851.000 mehr als Ende 2014, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Dazu zählen auch Ausreisepflichtige, über deren Verbleib die Behörden nicht immer Bescheid wissen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte deswegen mehr Kontrollen.
Schutzsuchende sind Ausländer, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten. Dazu zählen beispielsweise Menschen, die sich noch im Asylverfahren befinden, anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Konvention, sogenannte subsidiär Schutzberechtigte sowie abgelehnte Asylbewerber, die sich weiterhin in Deutschland aufhalten.
Etwa die Hälfte der Schutzsuchenden kam aus Syrien (455.000), Afghanistan (191.000) und Irak (156.000). Insgesamt haben Schutzsuchende einen Anteil von 16 Prozent an der ausländischen Bevölkerung. Ende 2016 war bei 573.000 Menschen (36 Prozent) noch nicht über den Asylantrag entschieden. 872.000 (54 Prozent) verfügten über einen anerkannten Schutzstatus, wobei die Anerkennung überwiegend befristet ist.
Bei 158.000 Flüchtlingen wurde der Antrag auf Asyl abgelehnt. Sie sind damit grundsätzlich ausreisepflichtig. Bei drei Viertel von ihnen (118.000) war diese Ausreisepflicht aufgrund einer Duldung jedoch vorübergehend ausgesetzt.
„Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Ausländerzentralregister registrierte Ausreisepflichtige im Einzelfall möglicherweise bereits ausgereist oder untergetaucht sind“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der Bild-Zeitung. Dem Bericht zufolge ist in 30.000 Fällen der Verbleib unklar.
Nach Angaben von Herrmann handelt es sich dabei offenbar um Asylbewerber, die keine Leistungen mehr erhalten. Der CSU-Minister forderte auf n-tv mehr Kontrollen beispielsweise auf Bahnhöfen oder großen Straßen.
Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke betonte, dass die Zahl der Schutzsuchenden zuletzt aber nicht weiter gestiegen sei. Sie habe Mitte 2017 bei etwa 1,5 Millionen gelegen. Dafür habe sich der Anteil von Schutzsuchenden mit geklärtem Schutzanspruch und Aufenthaltsrecht deutlich auf fast eine Millionen Menschen erhöht. Diese müssten nun integriert werden, forderte Jelpke.
Die Zahl der Klagen vor den Verwaltungsgerichten gegen Asylbescheide verfünffachte sich binnen eines Jahres beinahe. Zum Stichtag 30. Juni waren mehr als 320.000 Asylklagen vor den Gerichten anhängig, wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Linksfraktion berichtete.
Ein Jahr zuvor habe die Zahl noch bei knapp 69.000 gelegen. Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) forderte mehr Richter in den Ländern. Der Bund habe das Personal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) deutlich aufgestockt. „Jetzt sind die Länder an der Reihe nachzuziehen“, erklärte Harbarth in Berlin.