Finanzen

USA: Steuer-Reform ist Risiko für die deutsche Exportwirtschaft

Die von der US-Regierung angestrebte Steuerreform ist ein Risiko für die exportorientierte deutsche Wirtschaft.
12.12.2017 16:56
Lesezeit: 2 min

Die von der US-Regierung geplante umfassende Steuerreform noch längst nicht in trockenen Tüchern. Denn was die Mehrheitsverhältnisse im Senat angeht kann sich die Administration der Republikaner noch immer nicht sicher sein – auch nicht innerhalb der eigenen Partei.

Bei der Entscheidung im Senat können sich die Republikaner höchstens zwei Abweichler in den eigenen Reihen erlauben, sollten die Demokraten erwartungsgemäß geschlossen gegen das Vorhaben votieren. Zumindest ein Republikaner, Bob Corker, steht der Reform skeptisch gegenüber. Im Vorfeld hatte er gegen den Entwurf des Senats gestimmt, der mit dem des Repräsentantenhauses in Einklang gebracht werden muss.

Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters ist auch seine Parteikollegin Susan Collins eine Wackelkandidatin. Am Sonntag hatte sie dem Sender CBS erklärt, bislang habe sie sich nicht festgelegt, ob sie dem endgültig für das Vorhaben votieren werde. Dabei hatte sie darauf verwiesen, dass Repräsentantenhaus und Senat noch ihre unterschiedlichen Entwürfe in Einklang bringen müssten. Sie wolle erst abwarten, was sich hierbei ergebe: „Ich werde keine endgültige Entscheidung treffen, bis ich gesehen habe, was das für ein Paket ist.“

Während des Wahlkampfs hatte Trump versprochen, mithilfe einer großen Umstrukturierung des Steuersystems erstmals seit 1986 die Einkommen von Bürgern und Unternehmen erheblich zu entlasten. Nach seiner Darstellung soll besonders die Mittelschicht von der Reform profitieren. Beispielsweise sollen die Steuern auf Unternehmensgewinne von 35 auf bis zu 20 Prozent reduziert werden bei gleichzeitig verbesserten Abschreibungsmodalitäten. Allerdings würde das Projekt nach Meinung zahlreicher Kritiker vor allem Reiche und Konzerne bevorteilen und gleichzeitig den US-Schuldenstand massiv ansteigen lassen.

In der vergangenen Woche hat Trump weiteren Rückhalt für sein Vorhaben erhalten, als der Kongress eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Regierung mit einem Übergangshaushalt abgewendet hat. Neben der Senkung der Unternehmenssteuern ist bei der geplanten Reform auch die Einführung einer Strafsteuer auf Importe enthalten – wie eine Extra-Abgabe von 20 Prozent auf grenzüberschreitende Geschäfte. Vor allem bei deutschen Unternehmen – die traditionell stark auf das Exportgeschäft fokussiert sind – hat dies für Unruhe gesorgt. Der deutsche Industrieverband BDI erkennt in der Vorgehensweises Trumps einen „klar protektionistischen Charakter“.

Aktuell lassen sich konkrete Auswirkungen auf deutsche Unternehmen und hier besonders auf DAX-Gesellschaften kaum prognostizieren, weil kaum jemand die Ausgestaltung der steuerlichen Änderungen bis ins Detail kennt. Von den Plänen der US-Regierung hatten zu Beginn der vergangenen Woche vor allem die Aktien von deutschen Unternehmen profitiert, deren Geschäfte in den USA besonders gut laufen – wie der Vertreter aus der Gesundheitsbranche Fresenius Medical Care. Daneben befinden sich auch Siemens, Continental, die Deutsche Telekom oder SAP vor diesem Hintergrund in einer guten Position. Ohnehin laufe es derzeit für einige DAX-Konzerne in den USA wesentlich besser als in Deutschland, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC hervorgeht.

Nachdem die Entscheidung über die US-Steuerreform immer näher rückt, haben sich die Kurse der Aktien der genannten deutschen Gesellschaften auch besser entwickelt als die Papiere von DAX-Unternehmen, die in den Vereinigten Staaten weniger präsent sind. So stieg der Chart von Fresenius Medical Care innerhalb einer Börsenwoche um mehr als 3 Prozent und Siemens konnte sich im entsprechenden Zeitraum rund zwei Prozent steigern, während der DAX selbst „nur“ um etwas mehr als ein Prozent zugelegt hat.

Nach Meinung des Chefs des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, werden deutsche und europäische Unternehmen bei einem positiven Entscheid der US-Politik den Druck eines schärferen Steuerwettbewerbs zu spüren bekommen. Profitieren werde man eher kurzfristig. Auch Christof Sprengel, Experten für die Unternehmensbesteuerung vom ZEW Mannheim, geht besonders bei Direktinvestitionen mit einer Sogwirkung in Richtung USA aus: „Der Steuerwettbewerb wird eine neue Dimension bekommen – vor allem auch unter den Europäern untereinander.“

Für Donald Trump hat die Realisierung der Steuerreform eine große Bedeutung. Denn der US-Präsident würde mit der Verwirklichung des größten Umbaus des Steuersystems seit den 1980er-Jahren ein zentrales Wahl­versprechen einlösen. Darüber hinaus wäre es das erste große Projekt, das seine Administration überhaupt auf den Weg gebracht hätte.

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