Israels Diamantenbörse, eine der größten der Welt, plant den Einsatz zweier eigener Kryptowährungen. So solle der Diamantenhandel effizienter und transparenter werden. Doch zunächst müssen die traditionell eher konservativen Marktteilnehmer noch von der neuen Technologie überzeugt werden.
Derzeit kommen Geschäfte in der Diamantenbranche oftmals noch anonym zum Abschluss „mit einem Handschlag und minimaler Dokumentation“, heißt es in einem aktuellen Bericht des israelischen Justizministeriums. Europol und das FBI beobachten die Branche daher im Hinblick auf Geldwäsche und die Finanzierung von Kriminalität.
Die engen Profitmargen bei der Verarbeitung von Edelsteinen erschweren es den Schleifern, Kredite zu erhalten. Die Banken haben die Vergabe von Krediten in der Branche zurückgefahren oder ganz eingestellt. Eine neue Kryptowährung für Diamanten soll nun die Lösung für die genannten Probleme bringen.
„Wir erwarten Zustimmung zu dieser Währung, weil sie die Dinge einfacher machen wird“, sagte Eli Avidar, Geschäftsführer der Diamantenbörse, im Interview mit Reuters. Die Kryptowährung könne viele der Herausforderungen der Branche lösen, darunter Profitabilität, die Geschwindigkeit der Geschäftsabwicklung, das Problem der Geldwäsche und das heute schwierige Banking.
Die erste eigene Kryptowährung von Israels Diamantenbörse soll „Cut“ heißen. Sie wird nur für akkreditierte Händler verfügbar sein. Diese in aller Welt operierenden Händler werden erst dann Zugang zu einem eigenen Wallet erhalten, wenn sie die auch heute üblichen Sicherheitsüberprüfungen bestanden haben.
Die Technologie ermöglicht es, dass eine Transaktion innerhalb von Minuten bestätigt und in der Blockchain festgeschrieben wird. Zwar sind die Transaktionen transparent einsehbar. Doch welche Händler im Einzelfall beteiligt sind, wird von der Börse geheimgehalten und nur auf Anforderung an die Behörden herausgegeben.
Der „Cut“ könnte die wachsenden Probleme lösen, die sich aus dem Geldverkehr zwischen Groß- und Einzelhändlern ergeben, sagte ein mittelgroßer Diamantenhändler, der anonym bleiben möchte. „Wegen der Bankenregulierung wird selbst die kleinste Überweisung kompliziert. Das kann Tage dauern.“
Die Käufer wollten nicht zahlen, „bis sie den Stein erhalten haben“, so der Händler weiter. „Und die Verkäufer wollen den Stein nicht hergeben, bis sie das Geld erhalten haben.“ Die Regulierung der neuen Kryptowährung „Cut“ könne noch etwas Zeit dauern. Denn noch gebe es für solche Anwendungen keine bestehenden Regulierungen.
Laut einer Sprecherin des israelischen Wirtschaftsministeriums, welches den Diamantenhandel in dem Land beaufsichtigt, hat es bisher keine tiefer greifende Diskussion darüber gegeben, wie die beiden geplanten Kryptowährungen für den Diamantenhandel reguliert werden sollen.
Am Montag startete im Rahmen der siebten International Diamond Week ein Vorverkauf des Cut-Tokens. Schon innerhalb der nächsten Wochen sollen die Coins erstmals im Diamantenhandel eingesetzt werden, sagte Avishai Shoushan, CEO der Firma CARATS.IO, welche die Tokens geschaffen hat.
Der Cut basiert auf einem Index mit 14 Parametern, auf deren Grundlage ein Algorithmus auch einen Preis bestimmt. Normalerweise gibt es für Diamanten nur vier Parameter: Schliff, Reinheit, Farbe und Gewicht in Karat. Diese vier Parameter reichen aber zur Festlegung eines Preises nicht aus, da weitere individuelle Eigenschaften eine Rolle spielen.
Später will die Diamantenbörse auch noch einen zweiten Token mit dem Namen „Carat“ in Umlauf bringen. Dieser ist für institutionelle Anleger sowie für Kleinanleger gedacht, die in den Diamantenmarkt investieren wollen, ohne dafür physische Diamanten kaufen oder verkaufen zu müssen.
Ein Viertel des Marktwerts der beiden Tokens „Cut“ und „Carat“ wird durch Diamanten gedeckt, die von unabhängiger Seite verwahrt werden, sagt Avishai Shoushan. Dadurch sollte sich der Preis der Tokens mit dem Marktpreis für Diamanten bewegen und folglich „viel weniger volatil sein im Vergleich mit anderen Kryptowährungen“.
Martin Rapaport, Vorstand der einflussreichen Rapaport Group, die einen weltweit anerkannten Index für den Diamantenmarkt erstellt und auch in Israel stark vertreten ist, hält Kryptowährungen lediglich für eine Modewelle. Dennoch lobt er die neuen Tokens als Bemühung, die Nachfrage nach Diamanten zu stärken.
„Diamanten haben einen inhärenten Wert und diesen inhärenten Wert gibt es seit Jahrhunderten“, sagte Martin Rapaport zu Reuters. „Ob man das nehmen kann und es in etwas Modernes und etwas Interessantes wie eine Kryptowährung hypen kann, ist hoch fragwürdig.“