Gemischtes

Handwerker hoffen auf Ausnahmen bei Diesel-Fahrverbot

Die Handwerker sehen sich durch ein mögliches Diesel-Fahrverbot in Städten unter Druck.
28.02.2018 00:05
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Städte können zur Senkung der Stickoxid-Belastung grundsätzlich Fahrverbote für Dieselautos verhängen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am Dienstag, dass dies auch ohne bundeseinheitliche Regelung möglich ist. Vertreter der Bundesregierung bemühten sich nach dem Urteil, die Sorgen von Dieselfahrern zu dämpfen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach sich im Fall von Fahrverboten allerdings für die Einführung einer Blauen Plakette aus.

Wenn es zu Fahrverboten käme, dann müssten "die gekennzeichnet werden, die eben sauber sind und deswegen nicht unter Fahrverbote fallen", sagte Hendricks am Dienstagabend im ZDF. Hendricks betonte allerdings auch, der Richterspruch bedeute nicht, dass von heute auf morgen Diesel-Fahrverbote in Kraft treten würden.

Auch der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) wies darauf hin, dass die Hürden für Fahrverbote sehr hoch lägen. In der ARD sprach sich Schmidt gegen einen "Wettlauf" aus, "wer nun als erster ein Fahrverbot verhängt". Es sei klar, "dass wir Fahrverbote vermeiden wollen und vermeiden können", sagte Schmidt.

Die Richter verwiesen ausdrücklich darauf, dass bei Fahrverboten die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss und es auch Ausnahmen etwa für Handwerker geben muss.

Hintergrund sind Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in einer Reihe von Städten. Die Umweltschutzorganisation will erreichen, dass die Pläne zur Luftreinhaltung dort so geändert werden, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden. Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) wurden 2017 die Stickoxid-Grenzwerte in insgesamt rund 70 Kommunen überschritten.

Im konkreten Fall hatten Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf in der Vorinstanz geurteilt, dass zur Lufreinhaltung auch Fahrverbote in Betracht gezogen werden müssten. Dagegen legten die Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen Revision ein, weil sie die rechtliche Zuständigkeit für Fahrverbote beim Bund sahen.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revisionen nun weitgehend zurück. Die Urteile der Verwaltungsgerichte seien "überwiegend nicht zu beanstanden", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Das Gericht gab den Behörden auf, die Luftreinhaltepläne entsprechend zu überarbeiten. Eine finanzielle Ausgleichspflicht sehen die Richter wegen der Fahrverbote nicht, Wertverluste müssten hingenommen werden.

Das Urteil des obersten Verwaltungsgerichts sieht eine stufenweise Einführung von Fahrverboten vor. So sollen in Stuttgart zunächst Fahrverbote für ältere Diesel bis Euro-4-Norm geprüft werden, für Euro-5-Autos soll es Fahrverbote frühestens ab September 2019 geben. Zudem fordern die Richter Ausnahmen, etwa für Handwerker und Anwohner.

Vor allem bei Wirtschaftsverbänden löste der Richterspruch Besorgnis aus. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, kritisierte Fahrverbote als "massive Eingriffe in Eigentumsrechte, in die Mobilität und in die Freiheit beruflicher Betätigung".

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) forderte einen "klaren bundeseinheitlichen Rechtsrahmen". Es gehe darum, einen "Flickenteppich" aus lauter unterschiedlichen Regelungen je nach Kommune zu vermeiden, sagte VKU-Präsident Michael Ebling der Nachrichtenagentur AFP.

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) forderte eine sogenannte blaue Plakette für saubere Diesel, "um kommunale Flickenteppiche zu vermeiden". Ein Vertreter des Stuttgarter Verkehrsministeriums kündigte in Leipzig an, Baden-Württemberg werde einen entsprechenden Antrag im Bundesrat wohl wieder "aktivieren".

Für den Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg ist die Plakette hingegen "ein Mordsaufwand", wie er in den ARD-"Tagesthemen" sagte. Stattdessen forderte er von der Bundesregierung, "mindestens eine Verdopplung" der Mittel für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...