Saudi-Arabien wird in den kommenden Wochen in großem Stil in den globalen Markt für Erdgas einsteigen. Wie ein hochrangiger Beamter des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco am Mittwoch mitteilte, startet das Unternehmen insbesondere eine Offensive im Bereich der Fracking-Technologie, bei der Erdgas durch den Einsatz von Chemikalien unter hohem Druck aus Gesteinsschichten an die Erdoberfläche gebracht wird.
Wie Khalid Al Abdulqader – ein Beauftragter von Aramco für unkonventionelle Energieformen – sagte, wird die Förderung von Fracking-Gas Ende des Monats in einem Gebiet im Norden des Landes anlaufen und ihre Zielfördermenge wahrscheinlich Ende des Jahres erreichen.
Große Vorkommen von in Gestein eingeschlossenem Erdgas werden zudem in den Feldern South Ghawar und Jafurah in Ost-Saudi-Arabien vermutet. Al Abdulqader zufolge sind die Vorkommen im Jafurah-Feld ungefähr so groß wie jene im zweitgrößten Feld der USA – Eagle Ford. Die Reserven von Eagle Ford werden von der U.S. Energy Information Administration für das Jahr 2016 mit etwa 22,7 Billionen Kubikfuss Erdgas angegeben.
„Das ist glaubhaft. Die Frage ist, ob Saudi-Arabien das wirtschaftlich gewinnbringend abbauen kann“, wird ein Analyst von Qamar Energy von der Financial Times zitiert.
Saudi Aramco plant, in den kommenden zehn Jahren rund 300 Milliarden Dollar für Energieprojekte auszugeben. Die Förderung von Erdgas soll dabei im kommenden Jahrzehnt auf etwa 23 Milliarden Kubikfuss pro Tag verdoppelt werden. Bislang fördert Aramco Erdgas hauptsächlich als Beiprodukt der Suche nach Rohöl.
Die Strategie der Saudis besteht offenbar darin, einer der größten Player im Markt für Rohöl zu bleiben und gleichzeitig den Export von Erdgas auszubauen, um dringend benötigtes Kapital zu generieren. Insbesondere der Verfall der Ölpreise seit 2014 sowie die militärischen Interventionen im Jemen und in Syrien haben den Haushalt des Landes nachhaltig geschwächt.
Den Saudis kommt zu Gute, dass die Region Jafurah in der Nähe des größten Erdölfeldes des Landes liegt. Weil dort eine gut ausgebaute Pipeline-Infrastruktur besteht, dürften die Aufwendungen für den Bau neuer Leitungen und Anschlüsse überschaubar bleiben.
Saudi-Arabien versucht bereits im Jahr 2000, eine Erdgas-Industrie aufzubauen und lud dazu multinationale Konzerne wie Repsol, Chevron und Exxon Mobil zu Gesprächen ein.
Zahlreiche Bohrstellen stellten sich damals jedoch als nicht ergiebig genug aus und wurden aufgegeben. Mit dem russischen Unternehmen Lukoil verabschiedet sich derzeit das letzte ausländische Unternehmen aus dem Gassektor Saudi-Arabiens.