Kurz vor Ablauf einer selbst gesteckten Frist hat US-Präsident Donald Trump der EU einen weiteren, letztmaligen Aufschub von einem Monat gewährt, während der die EU-Staaten von Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen bleiben. Die Schonfrist gelte nun bis zum 1. Juni auch für Unternehmen aus Kanada und Mexiko, erklärte das US-Präsidialamt. Die EU hatte sich bis zur letzten Minute um eine Einigung mit den USA bemüht. Die EU-Kommission ist dennoch nicht erleichtert: Es müsse schnellstmöglich eine dauerhafte Befreiung von den geplanten Zöllen geben, teilte die Kommission laut Reuters mit.
Die Dienstreisen von Angela Merkel und Emmanuel Macron haben sich damit als erfolglos erwiesen. Beide hatten vor einigen Tagen in Washington vorgesprochen, jedoch nicht einmal den Ansatz einer Lösung erreicht. Das Problem für die EU-Staaten ist allerdings vielschichtig: Für Handelsübereinkommen ist ausschließlich die EU zuständig. Die Staaten müssen Erträge aus Zöllen an die EU abführen. Im Grunde ist es daher für jeden Handelspartner einfach, die EU zu spalten und sich nach den nationalen Einzelinteressen zu orientieren. Die geplanten Zölle auf Stahl und Aluminium etwa treffen Deutschland sehr, während Frankreich davon kaum berührt ist.
Es ist daher zu erwarten, dass Trump mit der letzten Frist den Druck auf die EU bei anstehenden Verhandlungen erhöhen kann, um für die US-Wirtschaft vorteilhafte Regelungen zu erreichen. Deutschland hat in einigen Bereichen schlecht Karten: So sind die Zölle für deutschen Autos, die in USA gehen, wesentlich geringer als jene für US-Importe nach Deutschland.
Eine weitere Fristverlängerung werde es nicht geben, hieß es im Umfeld der US-Regierung. Trump hatte die Einfuhrzölle bereits im März verhängt, Handelspartner wie die EU, Kanada, Mexiko, Südkorea davon aber zunächst bis zum 1. Mai ausgenommen. Für China gelten sie bereits. Der Volksrepublik wird immer wieder vorgeworfen, zu große Mengen der beiden Rohstoffe auf den Weltmarkt zu bringen. Für Stahlexporte in die USA gilt nach der neuen Regelung ein Schutzzoll von 25 Prozent, Aluminium-Einfuhren werden mit zehn Prozent belegt.
Mit Argentinien, Australien und Brasilien sind die Verhandlungen US-Angaben zufolge weit fortgeschritten. Hier gibt laut Präsidialamt Grundsatzeinigungen, deren Einzelheiten in Kürze geklärt werden sollen. Südkorea hat sich bereits verpflichtet, seine Stahlexporte in die USA um 30 Prozent zu senken und wird dafür dauerhaft von den Zöllen ausgenommen.
Trump beruft sich auf ein Handelsgesetz aus dem Jahr 1962, um die heimische Stahl- und Aluminiumbranche zu schützen. Für ihn sind die neuen Zölle eine Frage der nationalen Sicherheit, was die EU für vorgeschoben hält. Die 28 Staaten exportieren jährlich insgesamt für 6,4 Milliarden Euro Stahl und Aluminium in die USA. Dies ist angesichts des gesamten Ausfuhrvolumens von 375 Milliarden Euro wenig. Dennoch gibt es die Befürchtung, dass sich der Streit immer weiter hochschaukeln könnte. Die EU hat als Gegenmaßnahme zusätzliche Zölle auf US-Produkte wie Jeans, Erdnussbutter, Whiskey oder Motorräder im Volumen von 2,8 Milliarden Euro angedroht.
Einvernehmen besteht in Europa weithin darüber, dass die EU bei der Welthandelsorganisation WTO gegen die USA klagen soll, wenn die amerikanischen Zölle in Kraft treten. Außerdem dürfte sie Schutzmaßnahmen einleiten, um heimische Unternehmen vor einer Schwemme von Stahl- und Aluminiumprodukten zu schützen, die kaum noch lukrativ in die USA exportiert werden können.
Nach der Fristverlängerung werde EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström weiter das Gespräch mit US-Handelsminister Wilbur Ross und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer suchen, erklärte die EU-Kommission. Auch CDU-Politiker Altmaier pochte auf eine Fortsetzung der Verhandlungen. Europa werde dabei geschlossen agieren und Obergrenzen im Handel nicht akzeptieren.
Auch die deutschen Wirtschaftsverbände sprachen sich übereinstimmend für Handelsgespräche mit den USA aus, um den Konflikt schnellstmöglich zu entschärfen. Der Aufschub der Frist sei ein "vorläufiger Sieg der Vernunft", sagte der Präsident des Handelsverbandes BGA, Holger Bingmann. Für Entwarnung sei es allerdings zu früh. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, zeigte sich erleichtert über die "Atempause". Gleichzeitig äußerte er die Befürchtung, dass die USA weitere Maßnahmen "aus der protektionistischen Mottenkiste ziehen könnten".
Die Entscheidung Trumps wurde mit Spannung erwartet und war bis wenige Stunden vor Ablauf der Frist nicht bekannt. So ließ sich Trump bei Besuchen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der vergangenen Woche nicht in die Karten schauen.
Auch der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau warb noch am Montag dafür, auf die Zölle zu verzichten. Sie wären eine "sehr schlechte Idee". Kanada ist der wichtigste Stahllieferant für die USA, und die Unternehmen sind mit ihren Partnern südlich der Grenze eng verflochten. Gemeinsamen mit Mexiko bilden Kanada und die USA die Freihandelszone NAFTA.
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