Finanzen

Schweiz: Nationalbank warnt vor hohen privaten Immobilien-Schulden

Lesezeit: 2 min
24.06.2018 01:30
Die Schweizerische Nationalbank warnt vor den Folgen steigender Zinsen. Diese könnten dazu führen, dass viele Bürger ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen könnten.
Schweiz: Nationalbank warnt vor hohen privaten Immobilien-Schulden

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) warnt vor den Folgen steigender Zinsen in der Schweiz. Diese könnte aus Sicht der Bank dazu führen, dass viele Bürger ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen können, berichtet der Blick. Das gesamte Hypothekenkreditvolumen in den Büchern der Schweizer Banken wird Ende des laufenden Jahres die Marke von einer Billion Franken überschreiten. Damit hätten die Hypotheken-Schulden der Schweizer einen historischen Höchststand erreicht.

Wegen der in der Schweiz geltenden Negativzinsen hatten viele Banken in den vergangenen Jahren ihr Hypothekengeschäft ausgeweitet und sind bei der Vergabe höhere Risiken eingegangen. „Die inlandorientierten Banken haben ihre Abhängigkeit vom Schweizer Hypothekenmarkt noch verstärkt“, wird der SNB-Direktor Fritz Zurbrügg vom Blick zitiert.

Gleichzeitig hat sich die finanzielle Situation vieler Schweizer verschlechtert. Zurbrügg verweist darauf, dass das Verhältnis des Kreditvolumens zum Einkommen mit 54 Prozent einen historischen Höchststand erreicht. Diese Kennziffer gibt an, wie gut ein Kreditnehmer die Zinslast mit seinem laufenden Einkommen tragen kann.

Die Nationalbank will ihre Leitzinsen deshalb auf absehbare Zeit niedrig halten. Damit reagiert sie auch auf die jüngsten Turbulenzen an den Devisenmärkten, politische Unsicherheiten in Europa und die absehbar niedrige Inflation. „Wir bleiben vorsichtig“, sagte Notenbank-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag nach dem Beschluss. „Derzeit gibt es keinen Grund, unsere Geldpolitik zu ändern.“ Andere Notenbanken sind beim Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik nach der Finanzkrise bereits weiter.

Der Leitzins in der Schweiz liegt bei durchschnittlich minus 0,75 Prozent und zählt damit zu den tiefsten der Welt. Damit wollen die Währungshüter den Franken für Investoren möglichst unattraktiv machen, um die heimische Exportwirtschaft zu stützen. Denn der Franken gilt als „sicherer Hafen“ und ist daher in Krisenzeiten besonders gefragt. Das zeigte sich erst vor wenigen Wochen rund um die schwierige Regierungsbildung in Italien. Aus Sorge um die Zukunft der Euro-Zone hatte der Franken zum Euro den höchsten Wert seit mehr als einem halben Jahr erreicht. Neben den politischen Risiken in Italien warnte die SNB angesichts des Kurses von US-Präsident Donald Trump vor den möglichen Folgen eines Handelskriegs. Auch dieser könne für Verunsicherung an den Finanzmärkten und eine Flucht in den Franken sorgen.

Um kurzfristige Höhenflüge der Währung zu verhindern, greift die SNB daher bei Bedarf am Devisenmarkt ein, um den Franken zu schwächen. Auch dazu sei die Notenbank weiterhin bereit, betonte Jordan. Zuletzt musste die SNB jedoch kaum mehr intervenieren - denn der Franken hat sich in den vergangenen drei Jahren abgeschwächt - trotz der jüngsten Turbulenzen. Aktuell kostet ein Euro knapp 1,15 Franken. Damit ist die Schweizer Währung aus Sicht der SNB immer noch hoch bewertet.

Wann die SNB die Zinsen erhöht, hängt nach Einschätzung vieler Experten auch davon ab, wann sich die EZB zu einem solchen Schritt durchringt. „Wir erwarten keine Änderung der Geldpolitik in den nächsten zwölf Monaten. Die SNB wird auf einen Schritt der EZB oder ein sehr starkes Signal warten, dass mit einer Zinserhöhung der EZB zu rechnen ist“, sagte Karsten Junius von der Privatbank J. Safra Sarasin. Die Schweizer Währungshüter sind darauf bedacht, dass die Zinsen in der Alpenrepublik stets tiefer sind, als jene in der Euro-Zone, um keine Aufwertung des Frankens zu riskieren.

Gegen eine baldige Zinserhöhung in der Schweiz spricht auch die für die längere Frist nach unten revidierte Inflationsprognose: Denn nun erwartet die SNB bei konstanten Zinsen erst 2021 eine Inflation von zwei Prozent oder mehr. Das wäre außerhalb ihrer Zielbandbreite zwischen null und zwei Prozent. Zuletzt war die SNB noch davon ausgegangen, dass sie diese Marke ab Mitte 2020 und damit ein halbes Jahr früher erreicht. „Die Inflationsaussichten bleiben tief, die mittelfristigen Inflationserwartungen sind sogar etwas nach unten gekommen“, sagte Jordan. Auch vor diesem Hintergrund sei eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik „vernünftig“.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...