Politik

Kurden verhandeln mit syrischer Regierung über Frieden

Lesezeit: 2 min
28.07.2018 23:21
In Syrien verhandeln die mit den USA verbündeten Kurden mit der syrischen Regierung über einen Frieden in einem dezentralisierten Staat.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Spitzenvertreter der syrischen Kurden haben sich nach eigenen Angaben mit der Regierung auf die Aufnahme von Gesprächen über ein Ende der Gewalt in Syrien verständigt. Dazu sei die Einsetzung von Ausschüssen vereinbart worden, teilte der maßgeblich von Kurden getragene Demokratische Rat Syriens (SDC) am Samstag laut Reuters mit. In den neuen Gremien solle ein "Fahrplan für den Weg zu einem demokratischen, dezentralisierten Syrien" entworfen werden. Die Gespräche in Damaskus seien auf Initiative der Regierung zustandegekommen. Der SDC ist der politische Arm der von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF).

Die Kurden kontrollieren etwa ein Viertel des Landes. Das Gebiet umfasst weite Teile im Norden und Osten. Die in Syrien über Jahre hinweg systematisch verfolgten Kurden haben erklärt, keine Unabhängigkeit anzustreben, aber eine Vereinbarung, die ihnen ihre faktische Autonomie auch formell zusichert.

Laut AFP gibt es allerdings noch keine nachhaltige Einigung: Ein von den USA unterstütztes und von Kurden angeführtes Bündnis setzt demnach die in Damaskus geführten Gespräche mit syrischen Regierungsvertretern fort. Wie das Bündnis am Samstag mitteilte, werden "Komitees" gebildet, um sämtliche offenen Fragen im Zusammenhang mit den von ihm kontrollierten Gebieten in Syrien zu klären. Eine Delegation des Syrischen Demokratischen Rates Syriens (SDC) hatte auf Einladung der Regierung am Donnerstag erstmals Gespräche aufgenommen.

Die Komitees werden sich nach Angaben von Sihanouk Dibo, einem Berater der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), mit wirtschaftlichen, militärischen, juristischen und politischen Fragen befassen. Dabei solle ein "Fahrplan zur Dezentralisierung Syriens" ausgearbeitet werden, sagte Dibo der Nachrichtenagentur AFP.

Die PYD ist Teil des SDC. Dessen bewaffneter Arm, die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), werden von Washington unterstützt.

Von einer Vereinbarung könne derzeit nicht gesprochen werden, sagte Dibo. Es werde "lange und schwierige" Verhandlungen geben, denn die Regierung in Damaskus sei "sehr zentralisiert". Von Seiten der Regierung gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Verhandlungen.

Ende des vergangenen Jahres hatte der syrische Außenminister Walid Muallem den Wunsch der Kurden nach einer "Form von Autonomie" anerkannt und diese Frage als "verhandelbar" bezeichnet.

SDF-Kämpfer kontrollieren weite Teile im Norden und Nordosten des seit mehr als sieben Jahren unter einem Gewaltkonflikt leidenden Landes, darunter auch Gebiete mit wichtigen Ölgeldern. Die kurdische Gemeinschaft, die syrienweit etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmacht, führte dort eine de-facto-Autonomie ein. Auf örtlicher Ebene finden Wahlen statt, Steuern werden erhoben, außerdem gibt es eigene Polizeikräfte und Schulen.

Im Mai hatte der syrische Staatschef Präsident Baschar al-Assad gedroht, die Kurdengebiete gewaltsam zurückzuobern, sollten Verhandlungen mit den SDF keinen Erfolg haben. Die USA reagierten ihrerseits mit einer Warnung an die Regierung in Damaskus: Ein Angriff auf die US-Streitkräfte oder ihre Verbündeten sei "eine schlechte Entscheidung", hieß es aus dem Pentagon.

Flüchtlinge kehren zurück

Hunderte syrische Flüchtlinge sind unterdessen am Samstag aus dem Libanon in ihre Heimat zurückgekehrt. Das staatliche syrische Fernsehen berichtete, rund 1200 Menschen würden in einem Buskonvoi über die Grenze gebracht. Auch der libanesische Fernsehsender Al-Dschadid zeigte Aufnahmen von den Bussen an der Grenze, die die Syrer in nicht mehr umkämpfte Gebiete bringen sollen. Die libanesischen Sicherheitskräfte erklärten, im Kürze würden Hunderttausende Syrer in ihr Land zurückkehren. Die Regierungen der beiden Nachbarstaaten hatten sich auf die Rückkehr der vor dem Bürgerkrieg geflohenen Menschen verständigt. Es gab bereits mehrere Konvois nach Syrien.

Die Vereinten Nationen (UN) sehen die Transporte kritisch und argumentieren, die Bedingungen für eine Rückkehr in ein Land, in dem nach sieben Jahren noch immer gekämpft wird, seien noch nicht alle erfüllt. In dem Konflikt wurden schätzungsweise eine halbe Million Menschen getötet, 5,6 Millionen Syrer sind ins Ausland geflohen, 6,6 Millionen wurden innerhalb des Landes durch die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen vertrieben. Allein der Libanon hat nach eigenen Angaben 1,5 Million Flüchtlinge aufgenommen, gut ein Viertel seiner Bevölkerung. Viele Syrer sind in die Türkei und nach Jordanien geflohen oder sind in die EU gekommen.

Das Verteidigungsministerium in Russland hat nach Beratungen mit der libanesischen Führung vor wenigen Tagen erklärt, rund 1,7 Millionen Syrer könnten in naher Zukunft aus dem Ausland zurückkehren. Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und unterstützt dessen Armee durch den Einsatz seiner Luftwaffe.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....