Die US-Regierung beabsichtigt offenbar, ihren wirtschaftlichen Einfluss in Süd- und Ostasien deutlich auszubauen. Es zeichnen sich die Grundzüge einer Gegenstrategie zum chinesischen Großprojekt der „Neuen Seidenstraße“ ab.
Die USA haben im Zuge der Fokussierung auf den "indo-pazifischen" Raum Investitionen in Höhe von 113 Millionen Dollar angekündigt. Sie sollen in die Branchen Digitalwirtschaft, Energie und Infrastruktur fließen, sagte Außenminister Mike Pompeo am Montag vor der US-Handelskammer. Dies sei Ausdruck eines neuen wirtschaftlichen Engagements der USA für Frieden und Wohlstand in der Region. Er werde in dieser Woche Malaysia, Singapur und Indonesien besuchen und dabei auch neue Hilfen im Bereich der Sicherheit bekanntgeben.
Pompeos Berater Brian Hook hatte zuvor gesagt, das US-Engagement stehe nicht in Konkurrenz zur staatlichen chinesischen Initiative "Ein Band, Eine Straße", das auch unter dem Begriff "Neue Seidenstraße" bekannt ist. Sie zielt auf die Schaffung eines interkontinentalen Infrastrukturnetzes ab, das Asien, Afrika und Europa verbinden soll. Das Herangehen der USA zeichne sich dadurch aus, dass der Staat sich zurückhalten solle und nur die Wirtschaft darin unterstütze, das zu tun, was sie am besten könne. Pompeo selbst machte aber deutlich, dass die USA sich "gegen jedes Land stellen" würden, das versuche, die Region zu beherrschen. Daraus ist zu erkennen, dass die US-Regierung sehr wohl versuchen wird, eine Konkurrenz zur Seidenstraße zu etablieren. Das chinesische Projekt wird maßgeblich von der Infrastrukturbank AIIB getragen, mit der auch zahlreiche westliche Staaten wie Großbritannien und Deutschland kooperieren.
Die US-Handelskammer geht davon aus, dass die Region in den nächsten Jahrzehnten für die Hälfte der Weltwirtschaft stehen könnte. Für das Ausschöpfen des Potenzials seien aber fast 26 Billionen Dollar an Investitionen nötig.
Die "Indo-Pazifik-Strategie" wird in Diplomaten-Kreisen als Ersatz für den Begriff "Asien-Pazifik" gesehen, der aus Sicht mancher Vertreter das autoritär regierte China zu stark ins Zentrum gerückt hat. Trump ficht derzeit einen Handelsstreit mit der Volksrepublik aus, der durch Zölle und Gegenzölle beider Seiten immer stärker eskaliert ist. Allerdings sind andere Länder in der Pazifik-Region wegen der "America first"-Politik Trumps und seines Rückzugs aus dem Transpazifischen Handelsabkommen TPP ebenfalls besorgt. Zudem könnte der Handelsstreit zwischen den USA und China in ihren Augen die Lieferketten in der Region durcheinanderbringen. Die US-Regierung hatte erstmals im vergangenen Jahr eine Strategie angekündigt, mit deren Hilfe die Staaten der Region – etwa Indien, Indonesien oder Thailand – entwickelt werden sollen. Unübersehbar ist, dass die Strategie der USA als Alternative und Gegenmodell zum chinesischen Infrastrukturprojekt der „Neuen Seidenstraße“ konzipiert wurde.
Neben Pompeo und dem amerikanischen Handelsminister Wilbur Ross werden am Montag auch Abgesandte aus Japan, Australien, Singapur, Indien und Indonesien an einem Treffen in Washington teilnehmen, bei dem es um die konkrete Ausgestaltung der Strategie gehen soll.