Politik

Syrien: Erste Versuche zum Aufbau einer neuen Verfassung

Ein Ausschuss mit Vertretern der Regierung, der Opposition und aus anderen Staaten soll eine neue Verfassung für Syrien entwickeln.
25.10.2018 00:17
Lesezeit: 2 min

Wenige Tage vor dem Syrien-Gipfel mit deutscher Beteiligung hadert die Regierung in Damaskus weiter mit einem geplanten „Verfassungskomitee“, welches unter internationaler Beteiligung eine neue Verfassung für Syrien entwickeln soll.. Die Verfassung und alle mit ihr verbundenen Fragen seien eine souveräne Angelegenheit, die allein von den Syrern und ohne ausländische Einmischung entschieden würden, sagte Syriens Außenminister Walid al-Muallim am Mittwoch in Damaskus, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete. Dort traf er mit dem scheidenden UN-Vermittler Staffan de Mistura zusammen, der sich seit Monaten um die Bildung des Verfassungskomitees bemüht.

In der syrischen Hauptstadt wollte der Diplomat mit weiteren Regierungsvertretern sprechen.

An diesem Samstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Türkei, Russlands, Deutschlands und Frankreichs in Istanbul zu einem Vierer-Gipfel. Dafür reist Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Türkei. Die vier wollen über eine Lösung des Syrien-Konflikts beraten. Es soll auch um das Verfassungskomitee gehen.

Die Bildung eines solchen Ausschusses war im Januar bei einem Syrien-Gipfel im russischen Badeort Sotschi vereinbart worden. Er soll mit Vertretern der Regierung und der Opposition besetzt werden.

Außenminister al-Muallim beschuldigte am Mittwoch in Damaskus ungenannte Länder, sie wollten den Syrern ihren Willen aufzwingen – ohne die Länder allerdings zu nennen.

Für de Mistura ist es eine der letzten Reisen im Amt. Der 71-Jährige hatte vor einer Woche überraschend angekündigt, sein Amt Ende November aufzugeben. Hintergrund seien „ausschließlich persönliche Gründe“. Über mehr als vier Jahre hatte de Mistura erfolglos versucht, den blutigen Konflikt durch Verhandlungen zu lösen.

Syriens Regierungstruppen hatten in den vergangenen Monaten wichtige militärische Erfolge erzielt. Die internationalen und islamistischen Söldner kontrollieren mit der Region um die Stadt Idlib im Nordwesten des Landes nur noch ein großes Gebiet.

Das israelische Nachrichtenportal i24NEWS berichtet, dass der Verfassungsausschuss 150 Mitglieder umfassen soll. 50 soll die Regierung in Damaskus, 50 die syrische Opposition und 50 der UN-Sondergesandte Staffan di Mistura ernennen. Die Namen der einzelnen Mitglieder wurden noch nicht veröffentlicht.

Am 23. Oktober 2018 haben sich die Vize-Außenminister der Türkei, des Iran und Russland in Moskau getroffen, um die Einberufung des Ausschusses vorzubereiten, berichtet die Hürriyet.

Am selben Tag sagte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, dass im Verfassungsausschuss aus kurdische Vertreter sein werden. Allerdings werde die Türkei nicht zulassen, dass Mitglieder der PKK/YPG an den Verhandlungen im Ausschuss teilnehmen, berichtet Habertürk.

Einen Tag später, am 24. Oktober 2018, besuchte di Mistura den syrischen Außenminister Walid al-Moallem in Damaskus. Al-Moallem bekräftigte, dass Syrien die Bemühungen um eine politische Lösung für die Krise weiterhin unterstütze, wobei er feststellte, dass Syrien die Ergebnisse der intra-syrischen nationalen Dialogkonferenz in Sotschi und die Bildung eines Ausschusses zur Erörterung der Verfassung positiv einstufe, meldet die syrische staatliche Nachrichtenagentur SANA.

Die TASS hatte zuvor berichtet, dass die Garantiemächte von Astana, also Russland, die Türkei und der Iran, und di Mistura für die Einberufung des Verfassungsausschusses verantwortlich seien. Die vorläufige Liste der Teilnehmer, die von der Regierung in Damaskus und von der Opposition ernannt werden, wurde erstmals am 11. September 2018 durch Russland, der Türkei und dem Iran beschlossen, so die Hürriyet.

Allerdings führte di Mistura auch Gespräche mit Vertretern aus Deutschland, den USA, Saudi-Arabien, Großbritannien, Jordanien und Frankreich, die im syrischen Aussöhnungsprozess als "Small Group" bezeichnet werden.

Eine Delegation des syrischen Hohen Verhandlungskomitees (HNC) unter Naser al-Hariri wird am 26. Oktober den Beginn des Verfassungsausschusses und die Situation in Idlib mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow diskutieren, sagte HNC-Sprecher Yahya Aridi am Mittwoch der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS. "Unsere Delegation wird am Freitag, 26. Oktober, Moskau für ein Treffen mit Lawrow besuchen. Auf der Tagesordnung steht der Start des Verfassungsausschusses, der ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer politischen Lösung in Syrien im Rahmen der UN-Resolution 2254 ist", sagte Hariri.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump will "echtes Ende": Diplomatie oder einen Kriegseintritt der USA?
17.06.2025

Trumps vorzeitiges Verlassen des G7 Gipfels in Kanada hat viele Fragen offen gelassen. Reporter die Trump auf seiner Rückreise begleitet...

DWN
Politik
Politik Kriegswaffe Hunger? Israel greift erneut Menge bei Gaza-Hilfszentrum an
17.06.2025

Das israelische Militär hat erneut wartende Menschen in der Nähe eines Verteilzentrums für humanitäre Hilfsgüter im Gazastreifen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Slowenien verliert Glanz: Deutsche Firmen zweifeln am Standort
17.06.2025

Deutschlands Wirtschaft verliert das Vertrauen in Slowenien: Hohe Kosten, politische Unsicherheit und Reformstau treiben Firmen in Richtung...

DWN
Technologie
Technologie Starlink gegen den Rest der Welt: Wem gehört der Orbit?
17.06.2025

Während Elon Musk mit Starlink das All kolonisiert, stolpern Amazon, China und Europa hinterher. Geht es im neuen Weltraumrennen wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis bricht aus: Folgt nun eine Rallye bis 50 US-Dollar?
17.06.2025

Anfang Juni hat der Silberpreis die magische Marke von 35 US-Dollar pro Unze geknackt und hält sich seitdem beständig darüber. Damit ist...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Aus Alt wird Auto: EU will Rohstoffe besser nutzen- Mehr Recycling im Auto
17.06.2025

Autos bestehen aus wertvollen Rohstoffen – und viele davon lassen sich wiederverwenden. Damit in Europa künftig mehr Recyclingmaterial...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis vor dem Absturz? Citi warnt vor Ende der Rekordrally
17.06.2025

Der Goldpreis steht auf wackligen Füßen: Nach einem Höhenflug von über 30 % warnt Citigroup vor dem Absturz – kommt jetzt der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft ESG-Wende: Banken öffnen sich für Rüstungsfinanzierung
17.06.2025

Lange galten Rüstungsfirmen als tabu für ESG-Investoren – jetzt vollzieht die deutsche Finanzwelt offenbar eine Kehrtwende. Sicherheit...