Finanzen

Privatbank Julius Bär gerät wegen verschollener SED-Vermögen unter Druck

Lesezeit: 2 min
06.02.2019 17:11
Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben hat im Streit um verschollene SED-Vermögen einen Punktsieg in der Schweiz eingefahren.

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das Schweizer Bundesgericht hat in einem Rechtsstreit um verschollene DDR-Vermögen in den Hauptpunkten im Sinne der deutschen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) entschieden, berichtet die Schweizer Nachrichtenagentur sda.

Die BvS verlangt von der Bank Julius Bär über 100 Millionen Franken nebst Zins. Die BvS (ehemals Treuhandanstalt Berlin) versucht seit Jahren, Gelder ausfindig zu machen und wiederzubeschaffen, die während der Wende von Parteimitgliedern der SED beiseite geschafft wurden.

In einer Klage machte die BvS geltend, dass die Bank Julius Bär als Nachfolgerin der ehemaligen Bank Cantrade vom Konto einer ostdeutschen Gesellschaft unzulässige Auszahlungen und Überweisungen vorgenommen habe.

Diese Sicht stützt das Bundesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil. Es hat ein Urteil des Zürcher Obergerichts vom April vergangenen Jahres aufgehoben und zur neuen Entscheidung zurückgewiesen.

Keine Fragen gestellt

Damit geklärt werden konnte, inwiefern das riesige Vermögen der SED dem Staat oder anderen Berechtigten gehört, ergänzte die Volkskammer der DDR per 1. Juni 1990 das Parteigesetz. Das SED-Vermögen wurde somit unter treuhänderische Verwaltung gestellt. Mit der Ergänzung erloschen frühere Verfügungsberechtigungen.

Trotz der historischen politischen Umwälzung in Deutschland und der öffentlichen Diskussion um das Volks- und Parteivermögen in der DDR wurden bei der Bank Cantrade zum Konto der ostdeutschen Gesellschaft keine vertieften Erkundigungen eingeholt, wie aus dem Urteil des Bundesgerichts hervorgeht.

So wurden am 11. Juni 1990 von einer DDR-Bank fast 67 Mio. Deutsche Mark auf das Konto überwiesen. Der zuständige Kundenberater liess sich mit der Erklärung abspeisen, dass es sich bei diesem Geld um die Rückzahlung eines Kredits der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) an die DDR handle. Warum die Summe dann an die ostdeutsche Gesellschaft und nicht an die KPÖ überwiesen wurde, fragte damals niemand.

Wie weiter aus dem Entscheid des Bundesgerichts zu erfahren ist, zahlte die Bank Cantrade am 4. Dezember 1990 fast 20 Mio. Deutsche Mark in bar an die Geschäftsführerin der ostdeutschen Gesellschaft aus. Auch da stellte sich bei der Bank niemand die Frage, wem dieses Geld tatsächlich gehörte.

Das Bundesgericht verwendet für das Verhalten der Bank deutliche Worte: Die Verantwortlichen hätten „elementare Sorgfaltspflichten verletzt, die sich jeder verständigen Person in der gleichen Lage aufdrängen mussten“.

Es handle sich um „offensichtliche Versäumnisse“ und entgegen den Vorbringungen der Bank Julius Bär könne „nicht von einem bloss leichten Verschulden ausgegangen werden“. Das Bundesgericht hat deshalb festgestellt, dass alle Beträge zu ersetzen seien, die seit dem 11. Juni 1990 abgeflossen sind.

Verrechnung unzulässig

Mit der Geschäftsführerin der ostdeutschen Gesellschaft schloss die BvS im Januar 2009 einen Vergleich. Sie musste 106 Mio. Euro, die sie auf einem Konto der Zürcher Kantonalbank hatte, an die BvS überweisen. Im Gegenzug wurden alle weiteren Forderungen gegen sie eingestellt.

Das Zürcher Obergericht entschied, dass mit diesem Vergleich, beziehungsweise mit dieser Zahlung, die Schuld der Bank gegenüber der BvS getilgt sei. Aus diesem Grund verneinte sie einen Anspruch der BvS gegenüber der Bank Julius Bär.

Das sieht das Bundesgericht anders. Der Vergleich sei zwischen der Geschäftsführerin und der BvS geschlossen worden. Die Bank sei darin nicht involviert gewesen. Eine Verrechnung der Ansprüche sei deshalb nicht zulässig.

Jedoch wird das Zürcher Obergericht nochmals prüfen müssen, ob die Forderungen der BvS allenfalls aus anderen Gründen untergegangen sind.


Mehr zum Thema:  
Banken >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...

DWN
Panorama
Panorama Winterurlaub in Gefahr: Weniger Gäste in den Alpen erwartet
21.12.2024

Die Alpenregion, ein traditionell beliebtes Ziel für Wintersport und Erholung, steht in der neuen Saison vor Herausforderungen. Weniger...

DWN
Finanzen
Finanzen Quality Investing: Von der Kunst des klugen Investierens
21.12.2024

Luc Kroeze, Autor des Buches „Die Kunst des Quality Investing“, erläutert im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, wie...