Finanzen

Großinvestoren könnten bald die Bundesliga aufkaufen

Wenn das Bundeskartellamt die 50+1-Regel im deutschen Fußball aufheben sollte, könnten Großinvestoren die Bundesliga-Vereine aufkaufen. In England ist dies bereits geschehen.
22.02.2019 17:32
Lesezeit: 3 min

Eine Änderung der 50+1-Regel im deutschen Fußball könnte dazu führen, dass Milliardäre aus dem Ausland sich bei deutschen Vereinen der Bundesliga einkaufen. Das Legal Tribune Online wird in einem Artikel die Frage auf: “Übernehmen bald Scheichs die Bundesliga?”

Das Bundeskartellamt prüft derzeit, ob die 50+1-Regel aufgehoben werden soll. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) führt aus: “Die 50+1-Regel ist Bestandteil der Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. Sie bestimmt, dass eine Kapitalgesellschaft nur dann eine Lizenz für die Teilnahme an der Bundesliga oder 2. Bundesliga erwerben kann, wenn der jeweilige Mutterverein mehrheitlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, also mindestens 50% der Stimmanteile plus einen weiteren Stimmanteil in der Versammlung der an der Kapitalgesellschaft beteiligten Anteilseigner hält. Für den Bereich des DFB verwendet der DFB eine gleichlautende Regelung.”

Das Legal Tribune Online berichtet: “Danach dürfen nur Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb der Lizenzligen teilnehmen, an denen der jeweilige Verein die Mehrheit der Stimmanteile hält. Allerdings gibt es Ausnahmen: Wirtschaftsunternehmen, die den Fußballsport des Muttervereins mehr als 20 Jahre lang ununterbrochen und erheblich gefördert haben, dürfen - unter bestimmten Maßgaben - Ligateilnehmer auch alleine kontrollieren.”

Die umstrittene Regelung ist in § 16c der Satzung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und in § 8 der  Satzung der DFL niedergeschrieben.

Im Streit um die 50+1-Regel hat das Bundeskartellamt alle 36 Profiklubs der 1. und 2. Bundesliga schriftlich aufgefordert, sich zu den Lizenzierungsvorgaben der DFL zu erklären, berichtet die Zeitung Neuen Westfälische.

Die DFL hatte angekündigt, das Kartellamt einzuschalten, um Rechtssicherheit zu erhalten. Die Gespräche mit den 36 Vereinen sollen bis Mitte März abgeschlossen sein.

Im vergangenen Sommer hatte die DFL den Antrag von Hannover 96 zunächst abgelehnt, künftig wie die TSG 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen oder der VfL Wolfsburg gemäß § 8 Ziffer 3 der DFL-Satzung eine Ausnahme von der 50+1-Regel zu bekommen.

Gegen die Entscheidung der DFL war 96-Boss Martin Kind vor das Schiedsgericht gezogen, das sich im Dezember vertagt hatte. Anders als die DFL sieht es der 74 Jahre alte Hörgeräte-Unternehmer als erwiesen an, den Club seit mindestens 20 Jahren finanziell in "erheblichem Umfang" unterstützt zu haben. Eine Ausnahme müsse ihm nach den Statuten daher erteilt werden, argumentiert Kind.

Wird der Antrag aber erneut abgelehnt, will Kind vor das Landgericht Frankfurt am Main ziehen. Die entsprechende Klage - dann gegen die 50+1-Regel als solche - ist bereits vorbereitet. Ein Experte, der Kölner Anwalt Paul Lambertz, rechnet damit, dass diese Regelung nicht mit EU-Recht vereinbar ist und dann fällt. Dann könnten theoretisch bei jedem Proficlub Investoren mehrheitlich einsteigen.

Rummenigge gegen 50+1-Regel

Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, gehört zu den Befürwortern einer Abschaffung der 50+1-Regel. “Deutschland würde davon profitieren, wenn man den Markt öffnet”, zitiert die tz Rummenigge.

Der Münchner Rechtsanwalt Mark-E. Orth ist der Ansicht, dass die 50+1-Regel gegen europäisches und deutsches Kartellrecht verstößt, da sie den Zugang zum Markt für die Beteiligung an Fußballklubs beschränkt.

“Das Monopolistische ist, dass die einzige Möglichkeit, an der Bundesliga teilzunehmen, ist, wenn ich mich diesen Regeln unterwerfe - und das ist ein Marktmissbrauch”, zitiert das Legal Tribune den Kölner Sportanwalt Paul Lambertz dieser Argumentation an.

Frankreich und England

Im vergangenen Jahr hat der US-Investor GACP für 100 Millionen Euro die Mehrheitsanteile am Club Girondins Bordeaux übernommen, berichtet sport1. Zuvor hatte der Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, den Club PSG übernommen. Der AS Monaco befindet sich im Besitz des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew. In der englischen Premier League kontrolliert der US-Investor Stan Kroenke den Club Arsenal London. Chelsea befindet sich unter der Kontrolle des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch und der malaysische Investor Vincent Tan kontrolliert Cardiff City.

Weitere ausländische Investoren der Premier League, die Mehrheitsanteile halten, sind:

Joshua Harris und David S. Blitzer (USA) - Crystal Palace

Farhad Moshiri (iranisch-britisch) - Everton

Shahid Khan (US-amerikanisch-pakistanisch) - Fulham

Die Srivaddhanaprabha-Familie (Thailand) - Leicester City

Fenway Sports Group (USA) - Liverpool

Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan (VAE) - Manchester City

The Glazer Family (USA) - Manchester City

Gao Jisheng (China) - Southampton

Gino Pozzo (Italien) - Watford

Fosun International (China) - Wolverhampton Wanderers

Maxim Demin (Russlan) - Bournemouth

Ausländische Investoren halten auch Mehrheitsanteile in den anderen englischen Ligen.

 

 

 

 

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