Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags hat sich die Lage der Christen in den vergangenen Jahren weltweit verschlechtert. Konkrete Zahlen zum Ausmaß der Christenverfolgung liefert das Netzwerk Open Doors, das jährlich seinen Weltverfolgungsindex veröffentlicht.
So ist beispielsweise die Terrormiliz Islamischer Staat nach den Gebietsverlusten im Nahen Osten mittlerweile verstärkt in Subsahara-Afrika aktiv. Der IS und andere islamistische Gruppierungen streben nach wie vor ein islamisches Kalifat an. In Somalia machen sie regelrecht Jagd auf die wenigen verbliebenen Christen.
Im Norden Nigerias gehen muslimische Fulani-Viehhirten laut Open Doors "im Stil einer ethnischen Säuberung" mit großer Brutalität gegen christliche Dörfer und Gemeinden vor. In Ägypten verübt der Islamische Staat tödliche Anschlägen auf Kirchen und ermordet gezielt Christen.
Im vom Krieg geschundenen Jemen müssen die wenigen Christen muslimischer Herkunft ihre Gottesdienste im Untergrund feiern, damit sie nicht entdeckt und ermordet werden. Auch die Lage der Christen in der Zentralafrikanischen Republik, Mali und Mauretanien hat sich laut Open Doors deutlich verschlechtert.
Ebenfalls hat sich die Lage der rund 100 Millionen Christen in China zuletzt deutlich verschlechtert. Sie müssen jetzt gemäß den im Februar letzten Jahres eingeführten Vorschriften für religiöse Angelegenheiten ihre Treue zu Jesus Christus durch eine Loyalität zur Kommunistischen Partei ersetzen.
Zudem mussten einige Kirchen Bilder von von Präsident Xi Jinping und Staatsgründer Mao Zedong anbringen. Kindern und Jugendlichen ist der Zutritt zum Gottesdienst verboten. Tausende Kirchen in dem Land mussten seit Februar 2018 schließen. Ähnliche Entwicklungen berichtet Open Doors über Laos, Russland und Vietnam.
In Indien gelten in acht der insgesamt 29 Bundesstaaten Anti-Bekehrungsgesetze. Zudem müssen christlich geführte Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser und Wohltätigkeitsorganisationen schließen. Hinduistische Gruppen und Mobs haben im Verlauf eines Jahres etwa 100 Kirchen sowie mehr als 12.500 Christen angegriffen. Eine Strafverfolgung bleibt weitgehend aus.
Auch in Nepal, Bhutan und der Türkei verstärkt sich der Druck auf Christen. Der türkische Präsident Erdogan habe die Trennung von Staat und Religion weitgehend aufgehoben und "treibt einen islamischen Nationalismus gezielt voran", so Open Doors.
Nach den Selbstmordanschlägen auf christliche Kirchen und Hotels Sri Lanka am Ostersonntag mit 321 Toten, darunter 45 Kindern, und rund 500 Verletzten fordern Politiker von Union, FDP und den Grünen einen stärkeren Schutz der christlichen Minderheiten im Ausland.
„Der Terror in Sri Lanka reiht sich ein in verschiedene Anschläge gegen Christen weltweit“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), gegenüber der WELT. "Christen sind weltweit das Ziel von radikalen Muslimen. Das ist eigentlich unverständlich, weil das Christentum ja mit dem Islam verwandt ist."
Der ehemalige Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, bezeichnete die Anschlagsserie auf Christen in Sri Lanka als einen "Angriff auf uns alle". Religiöser Hass und Intoleranz dürften niemals das letzte Wort haben. „Wir erwarten von der sri-lankischen Regierung einen besseren Schutz für christliche Kirchen“, sagte der CDU-Politiker, der sich seit Jahren für verfolgte Christen unter anderem im Irak einsetzt.
Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat nach den erneuten Anschlägen mehr Schutz für Christen gefordert. Man dürfe sich jetzt nicht spalten lassen und müsse den Dialog der Religionen aufrecht erhalten. Dazu gehöre aber auch, "die Unterdrückung von Christen deutlich anzusprechen und klar für die Einhaltung der Religionsfreiheit einzutreten", sagte er der WELT.
"Mehr als 100 Millionen Christen leben in Ländern, in denen ihr Menschenrecht auf Religionsfreiheit nicht geachtet wird", sagte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer gegenüber der WELT. Christen seien in vielen Regionen die "größte verfolgte Gemeinschaft, sei es in China, Nordkorea, Pakistan oder Teilen Nigerias".
In Sri Lanka hätten die vier großen Weltreligionen bislang trotz aller politischen Konflikte friedlich miteinander gelebt, so der FDP-Politiker. Es müsse nun unter allen Umständen vermieden werden, dass es zu einem "Clash of Civilizations" komme, einem Kampf der Kulturen.
Auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold sagte gegenüber der WELT, dass die Religionsfreiheit von Christen in vielen Teilen der Welt bedroht ist. Europa müsse sich weltweit "nachdrücklich für das Recht auf Religionsfreiheit einsetzen".