Politik

China oder USA: In Brasilien tobt ein Richtungskampf hinter den Kulissen

In Brasilien ist ein Revierkrieg zwischen der Präsidentenfamilie und einem Teil der Militärs ausgebrochen. Was wie eine persönliche Fehde ausschaut, ist in Wahrheit ein Streit darum, ob Brasilien die USA oder China bevorzugen sollte.
01.05.2019 15:13
Lesezeit: 2 min

Innerhalb der brasilianischen Regierung gibt es offenbar einen Machtkampf um die Frage, ob man sich künftig eher an die USA oder an China anlehnen soll. In der vergangenen Woche hatten die Söhne des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro den Vizepräsidenten Hamilton Mourão scharf attackiert. Carlos und Eduardo Bolsonaro hatten Mourão, der ein ehemaliger General ist, Iloyalität vorgeworfen und ihn in den Sozialen Medien scharf kritisiert.

“Wir verschwenden Zeit. Die Wirtschaft steht still, die Arbeitslosigkeit steigt und die Leute diskutieren über solchen Unsinn”, sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter unter der Bedingung der Anonymität dem englischsprachigen Dienst von Reuters. “Politische Clans haben in der brasilianischen Staatspolitik vorherrschend gewirkt, aber wir haben noch nie eine Familie gehabt, die die Bundesregierung kontrolliert und den Vizepräsidenten derart angreift”, so Carlos Couto vom Think Tank FGV.

„Mourão, der Verräter?“, hatte Carlos Bolsonaro über den Kurznachrichtendienst Twitter gefragt. In einem weiteren Tweet kritisierte Carlos Mourão dafür, dass er gegen die Bewaffnung der venezolanischen Opposition sei. Mourão zufolge würde dies einen Bürgerkrieg nach sich ziehen, was “für die südliche Hemisphäre schrecklich wäre”, berichtet die Zeitung Metro Jornal.

Mourão besuchte Anfang April 2019 den US-Vizepräsidenten Mike Pence in Washington D.C. Nach dem Treffen sagte er, dass die USA keine Militärintervention in Venezuela planen würden. “Keines unserer Länder wird in Venezuela militärisch intervenieren”, zitiert Folha de S. Paulo den brasilianischen Vizepräsidenten.

Mourão forderte Präsident Bolsonaro außerdem auf, die brasilianische Botschaft in Israel nicht wie die USA nach Jerusalem zu verlegen, da dies die arabischen Märkte für Milliarden Dollar an Halal-Fleischexporten gefährden würde.

Zwei Lager in der Regierung

Dem britischen Blatt Guardian zufolge handelt es sich bei dem Disput zwischen Carlos Bolsonaro und Hamilton Mourão um einen Revierkampf zwischen zwei Lagern. Mourão vertritt einen Zirkel innerhalb des Militärs, der gegen einen Abbruch der Beziehungen mit China ist. China ist der wichtigste Handelspartner Brasiliens.

Die Bolsonaro-Familie unterstützt hingegen eine Hinwendung zu den USA und steht China kritisch gegenüber. Präsident Bolsonaro unterstützt die Errichtung eines US-Militärstützpunkts auf dem Luftwaffenstützpunkt "Alcântara Launch Center" in Maranhão. Doch das Militär ist gegen diesen Vorstoß. Ein Sprecher der brasilianischen Militärs sagte dem englischsprachigen Dienst von Reuters unter der Bedingung der Anonymität, dass der Plan von Präsident Bolsonaro vom brasilianischen Militär “nicht gut aufgenommen” wird. Bolsonaro hatte in einem Fernsehinterview gesagt, dass mit der Errichtung eines US-Stützpunkts in Brasilien Russlands Einfluss in Venezuela entegegengewirkt werden könnte. Das brasilianische Verteidigungsministerium erklärte, es sei über einen solchen Vorschlag von Bolsonaro nicht informiert worden.

“Der Präsident hat mit dem Verteidigungsminister nicht darüber gesprochen”, sagte Major Sylvia Martins, eine Sprecherin des Ministeriums. Dem brasilianischen Blatt Veja zufolge würden sich drei hochrangige Generäle und drei Offiziere gegen diesen Plan stellen, da Bolsonaros Plan “unnötig und unzeitgemäß” sei.

China und USA: Wettrennen um Niobium

Bolsonaro will unter anderem verhindern, dass China die Niobium-Ressourcen Brasiliens nutzt. Der Metall-Förderer Cradle Resources berichtet, dass 90 Prozent des Metalls Niobium aus Brasilien kommt. Der weltweite Hauptförderer ist der brasilianische Konzern Brasileira de Metalurgia & Mineracao (CBMM). Darauf folgt die chinesische Firma China Molybdenum, berichtet die Financial Times. „Ab 2010 war China der größte Niobium-Konsument der Welt, gefolgt von den USA und Europa. China ist der stärkste Wachstumsmarkt für den Niobium-Konsum. 25 Prozent des weltweiten Niobium-Konsums entfallen auf China, was die Größte und Bedeutung der chinesischen Stahlindustrie widerspiegelt”, berichtet die Methodistische Universität von Piracicaba und das Zentrum für Bildung und Technologie von Minas Gerais in einer gemeinsamen wissenschaftlichen Studie.

Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten prognostizierten im Jahr 2016: “Da China und die USA die größten Hauptkonkurrenten bei der Nachfrage nach Niobium sind, dürften sich beide Staaten aktiv in die Innenpolitik Brasiliens einmischen, um sich den Niobium-Markt zu sichern.”

“Wir können nicht zulassen, dass China hierher kommt und Land aufkauft, Niobium aufkauft, als wäre es nur ein weiteres Mineral! Nein! Das ist so, als würde man den Chinesen Milliarden Dollar geben!”, zitiert Americas Quarterly Bolsonaro.

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