Exxon, Chevron, Amoco BP: Gigantische Öl-Konzerne, die in punkto Größe nur von wenigen staatlichen Öl-Gesellschaften wie Saudi Aramco übertroffen werden. Mit einer Reihe von anderen riesigen Öl-Konzernen und vielen kleineren Öl-Unternehmen wie Marathon Oil, Buckeye Partners und Colonial Oil haben die drei Konzerne eines gemeinsam: Sie waren Teil von Standard Oil, der einst größten Öl-Gesellschaft der Welt. Würde sie heute noch existieren, käme sie auf einen Umsatz von vielen hundert Milliarden Dollar und einen Wert von mehr als einer Billion Dollar. Das heißt, sie wäre sowohl nach Umsatz als auch nach Marktkapitalisierung das größte Unternehmen der Welt.
Dass es solch ein Super-Unternehmen nicht gibt, ist dem amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt, den US-Justizbehörden und dem amerikanischen Obersten Gerichtshof zu verdanken. Die gingen nämlich Anfang des 20. Jahrhunderts gegen Standard Oil, den damals mit Abstand größten Konzern der Welt, vehement vor. Das 1863 von John D. Rockefeller gegründete Unternehmen kontrollierte Ende des 19. Jahrhunderts mehr als zwei Drittel des weltweiten Ölmarkts (und machte Rockefeller mit einem geschätzten Vermögen von - in heutige Kaufkraft umgerechnet - 200 bis 300 Milliarden Dollar zum bisher reichsten Menschen der Neuzeit). Standard Oil benutzte seine unangefochtene Marktführerschaft, um die Preise zu kontrollieren und hoch zu halten, unliebsame Konkurrenten auszuschalten und über seine wirtschaftliche Macht ein hohes Maß an Einfluss auf die amerikanische Politik und Gesellschaft auszuüben. Mit anderen Worten: Standard Oil setzte den Wettbewerb außer Kraft - in einem Land, das so besessen ist vom Wettbewerb wie die USA, ein unverzeihlicher Fehler.
Und so wurde der Riesen-Konzern mit vereinten Kräften von Regierung, Behörden und Gerichten tatsächlich zerschlagen, und zwar in 34 verschiedene Unternehmen. Viele davon bestehen noch heute, einige gingen in andere Unternehmen auf, einige wenige gingen insolvent.
Grundlage der Zerschlagung war der „Sherman Antitrust Act“. Es war 1890 mit deutlicher Mehrheit (Senat) und absoluter Mehrheit (Repräsentanten-Haus) erlassen worden, um den Konzentrations- und Monopolisierungs-Tendenzen in vielen wichtigen Wirtschaftszweigen (vor allem Rohstoff-Gewinnung und -Verarbeitung sowie Transport-, sprich Eisenbahnwesen) Einhalt zu gebieten. Im sogenannten „Gilded Age“ (Vergoldetes Zeitalter/das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts), in dem die USA nach der Überwindung der Folgen des Bürgerkriegs eine ungeahnte wirtschaftliche Blüte erlebten, kam es zur Bildung riesiger Unternehmen, die sich häufig zu Monopolen entwickelten - und auf diese Weise der weiteren Entwicklung des Landes (und damit nicht zuletzt auch Amerikas gewaltigen außenpolitischen Ambitionen) diametral entgegenstanden.
Der Sherman Antitrust Act wurde durch zwei weitere Gesetze, dem „Clayton Act“ sowie dem „Federal Trade Commission Act“ (beide 1914 erlassen), erweitert und präzisiert. Im Laufe der Zeit dienten diese legislativen Vorgaben Exekutive und Judikative für weitere Bekämpfungen von Monopolen und monopolistischer Tendenzen. Bereits 1912 war DuPont wegen seines Sprengstoff-Monopols zerschlagen worden, knapp ein halbes Jahrhundert später (1957) wurde der Chemie-Gigant gezwungen, seine marktbeherrschenden Anteile an General Motors, dem damals größten Unternehmen der Welt, zu verkaufen. 1982 erwischte es den damals größten Telekommunikations-Konzern der Welt, AT&T. Aber auch Unternehmen, die alles andere als systemrelevante Produkte fertigten, haben sich den Anti-Monopol-Gesetzen beugen müssen. So wurde bereits 1911 „American Tobacco“ zerschlagen - ein, wie der Name verrät, Hersteller von Tabakwaren.
Lesen Sie nächste Woche: Wie der Kampf gegen die Monopole in den USA jahrzehntelang brach lag, um dann wieder an Fahrt aufzunehmen - und welche erbitterten Gegner derzeit ein Bündnis eingehen mit dem Ziel, die großen Tech-Konzerne zu zerschlagen.