Finanzen
Hohe Export-Abhängigkeit wird für Deutschland zum Problem

Produktion von Industrie und Energieversorgern geht deutlich zurück

Das verarbeitende Gewerbe und die Energiewirtschaft haben ihre Produktion im Juni stark gedrosselt. Der Sektor steckt in der Rezession.
07.08.2019 09:27
Lesezeit: 2 min

Die Produktion in Deutschland ist unerwartet stark geschrumpft und macht damit eine Rezession der deutschen Volkswirtschaft wahrscheinlicher. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Juni zusammen 1,5 Prozent weniger her als im Vormonat, teilte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mit. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang um 0,4 Prozent gerechnet. Im gesamten zweiten Quartal nahm die Produktion damit um 1,8 Prozent ab. "Die Industrie bleibt konjunkturell im Abschwung", kommentierte das Ministerium. Die zunehmenden Handelsspannungen zwischen den weltgrößten Volkswirtschaft USA und China machen eine rasche Trendwende wenig wahrscheinlich.

Die meisten Ökonomen gehen nun davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft im Frühjahr geschrumpft ist. "Ein rückläufiges Bruttoinlandsprodukt dürfte damit im zweiten Quartal kaum vermeidbar sein", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle spricht sogar von einem "Auftakt zu einer technischen Rezession", da im laufenden dritten Quartal auch ein Minus herauskommen dürfte. Bei zwei negativen Quartalen in Folge wird von einer "technischen Rezession" gesprochen. Zu Jahresbeginn hatte es noch zu einem Wachstum von 0,4 Prozent gegeben. Eine erste Schätzung für das zurückliegende Quartal veröffentlicht das Statistische Bundesamt am Mittwoch. Derzeit rechnen Beobachter mit einem Minus von 0,2 Prozent.

Den Grund für die maue Konjunktur sehen sie in der starken Exportabhängigkeit Deutschlands, die angesichts der schwächeren Weltkonjunktur, Handelsstreitigkeiten und Risiken wie dem Brexit zum Bumerang wird. So kauften die USA und China 2018 zusammen Waren "Made in Germany" im Wert von 206 Milliarden Euro. "Derzeit gibt es für Volkswirtschaften drei Misserfolgsfaktoren: Ein hoher Industrieanteil, eine hohe Exportquote und eine hoher Anteil an Ausfuhren in die Region Asien", sagte DekaBank-Ökonom Scheuerle. "In allen drei Kategorien punktet Deutschland negativ. Die globalen Verwerfungen und politischen Unwägbarkeiten belasten die deutschen Unternehmen und ihre Kunden im In- und Ausland."

Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht, auch wenn die Industrieaufträge im Juni mit 2,5 Prozent so stark anzogen wie seit fast zwei Jahren nicht mehr - was aber nur den ungewöhnlich vielen Großbestellungen zu verdanken ist. "Die Aussichten für die deutsche Industrie sind derzeit alles andere als rosig", sagte der Konjunkturexperte des Ifo-Instituts, Robert Lehmann. "Immer mehr Firmen vermelden, dass sie ihre Produktion im kommenden Vierteljahr drosseln wollen."

Der aktuellen Ifo-Umfrage zufolge schätzen sie die Produktionserwartungen so schlecht ein wie seit November 2012 nicht mehr. "Dahinter stecken die Handelskonflikte und das noch immer nur mit angezogener Handbremse wachsende China", sagte VP-Chefvolkswirt Gitzel. "Der ungelöste Brexit-Prozess belastet Deutschland noch zusätzlich."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheid: Eurozone trotzt Zöllen und politischer Krise
30.10.2025

EZB-Zinsentscheid: Die EZB hält an ihrer vorsichtigen Linie fest, während die US-Notenbank erneut überrascht. In Europa bleibt die...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: EZB plant Einführung 2029
30.10.2025

Die EZB bereitet den digitalen Euro für 2029 vor. Verbraucher sollen künftig per Wallet bezahlen können, Bargeld bleibt erhalten. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gen Z im Job: Moral und Motivation revolutionieren den Arbeitsmarkt
30.10.2025

Die Generation Z verändert die Arbeitswelt spürbar. Aufstiegsmöglichkeiten und klassische Karriereleitern stehen für sie nicht mehr...

DWN
Panorama
Panorama Atomwaffentests USA: Trump kündigt sofortigen Beginn an
30.10.2025

US-Präsident Donald Trump sorgt weltweit für Aufsehen: Er kündigt neue Atomwaffentests an, obwohl ein jahrzehntelanges Moratorium galt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Aktie: Porsche reißt VW-Konzern in die roten Zahlen
30.10.2025

Ein Milliardenverlust erschüttert Volkswagen: Weil Porsche schwächelt, rutscht der Konzern tief ins Minus. Das gefällt den Anlegern gar...