Nach Cyberangriffen, die die US-Regierung ohne Vorlage von klaren Belegen Russland zuordnet, hat US-Vizepräsident Joe Biden Russlands Staatschef Wladimir Putin in einem Interview spürbare Konsequenzen angedroht. Laut einem am Freitag veröffentlichten Auszug aus einem Interview mit dem Fernsehsender NBC News antwortete Biden auf die Frage, warum die US-Regierung bislang nicht auf Russlands mutmaßliche Einmischung in den US-Wahlkampf durch Hackerangriffe reagiert habe: "Wir senden eine Botschaft." Dabei lächelte er und nickte leicht mit dem Kopf, schreibt die AFP.
"Wir haben die Fähigkeiten, es zu tun, und die Botschaft wird gesendet", sagte der US-Präsident und fügte mit Blick auf Putin hinzu: "Er wird es wissen und es wird zu einer von uns gewählten Zeit sein und unter Umständen, die die größte Auswirkung haben." Auf die Nachfrage, ob auch die Öffentlichkeit diese Schritte mitbekommen werde, sagte Biden: "Ich hoffe nicht."
Die Drohungen sind durchaus ernst zu nehmen: Am Freitag traf sich US-Präsident Barack Obama mit dem nationalen Sicherheitsrat, um Optionen in Syrien zu diskutieren. Zahlreiche Neocons drängten den Präsidenten im Vorfeld, einen Angriff gegen Syrien zu starten. Obama hat sich bisher einem Krieg immer widersetzt und auch die von den Geheimdiensten vorgeschlagene Strategie, Söldner und lokale Milizen statt der regulären Armee einzusetzen, als gescheitert bezeichnet.
NBC berichtete am Freitag, dass der US-Geheimdienst CIA als Vergeltungsmaßnahme eine Cyberattacke plane, die "die Kreml-Führung beunruhigen und 'blamieren'"
werde. Agenten sagten dem Sender, dass sowohl die Finanzen von Präsident Putin angegriffen werden sollen als auch die Internet-Sperren Russland lahmgelegt werden sollen. Die Blamage beschreibt ein Agent mit den Worten: "Stellen Sie sich vor, wie es wirken würden, wenn Präsident Obama plötzlich seine Schecks nicht mehr einlösen könnte." Bereits im Zusammenhang mit Syrien hatte die Washington Post erstaunlich offen darüber berichtet, dass die CIA und Teile des Generalstabs verdeckte Operationen gegen Syrien durchführen wollten und planen, ihre Urheberschaft in der Öffentlichkeit zu leugnen. Laut NBC habe die CIA den Auftrag zu einer solchen Aktion bereits erhalten, es handle sich um eine "politische Entscheidung".
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte vor einer Woche begonnen, tausende E-Mails vom persönlichem E-Mail-Konto des Wahlkampfmanagers der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, John Podesta, zu veröffentlichen. Ein Hacker mit dem Pseudonym Guccifer 2.0 stellte auch anderen Websites das Material zur Verfügung.
Die Veröffentlichung der E-Mails löste bislang keine Skandale aus, allerdings erhielt die Öffentlichkeit dadurch Einblicke in die Arbeitsweise von Clintons Wahlkampfteam. Die Vorwürfe sind erheblich, doch die US-Medien haben darüber bisher kaum berichtet. Das hat am Freitag das nicht als besonders abgehoben geltende Wall Street Journal zu einer Analyse veranlasst, die in einer scharfen Medien-Kritik gipfelte. Das Journal listet die ausgesprochen fragwürdigen politischen Methoden von Hillary Clinton auf. Die Enthüllungen dürften dazu beigetragen haben, dass Clinton in einer Reuters-Umfrage an Terrain gegenüber Trump verloren hat. Allerdings führt Clinton immer noch mit 44 zu 37 Prozent sehr deutlich.
Seit einiger Zeit gibt es ein Gesetz in den USA, wonach Hackerangriffe auf US-Einrichtungen nicht ungestraft blieben und mit wirtschaftlichen oder politischen Sanktionen oder mit Cyber-Maßnahmen bestraft würden.
Die Eskalation im Verhältnis mit Russland wird von Beobachtern als der falsche Weg bezeichnet, weil die Russen in ihrer Rolle im Nahen Osten eigentlich ein Partner der USA sein müssten.