Gemischtes

Analyse: Bis 2030 ist jeder dritte Neuwagen in der EU ein Elektroauto

Lesezeit: 3 min
25.10.2016 07:29
Im Jahr 2030 dürfte es sich bei jedem dritten in Europa zugelassenen Neuwagen um ein Elektroauto handeln. Einer aktuellen Analyse zufolge werden Elektrofahrzeuge 2028 mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent erstmals vor Autos mit konventionellen Verbrennungsmotoren (28 Prozent) liegen - die übrigen gut 40 Prozent sind Hybride unterschiedlicher Bauarten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vorgestellt wurden diese Ergebnisse von PwC Autofacts, dem Analyse- und Prognoseteam von PwC Automotive. Während der Anteil von Elektroautos bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts laut PwC-Berechnungen auf fast 37 Prozent steigt, sinkt die Zahl der Benziner und Dieselautos kontinuierlich. Momentan werden noch gut 97 Prozent aller Neufahrzeuge in der EU ausschließlich von einem konventionellen Verbrennungsmotor angetrieben, so die Fachleute. Bis 2020 sinkt der Anteil dem Szenario zufolge auf knapp 90 Prozent, 2025 werden es nicht mal mehr 50 Prozent und 2030 nur noch gut 15 Prozent sein.

„Auf den ersten Blick scheint dieses Szenario gewagt. Jedoch gibt es zu dieser Entwicklung kaum eine Alternative, denn das im letzten Jahr in Paris für 2050 festgelegte Ziel einer globalen CO2-Neutralität (COP21) trifft die Autobranche so unmittelbar wie alle anderen Industrien“, sagt PwC. Der Grund: Die momentan geltenden Emissionsvorgaben würden sich lediglich auf Neufahrzeuge beziehen, die Vorgaben von Paris jedoch auf den gesamten Fahrzeugbestand - und das seien im Jahr 2015 immerhin mehr als 900 Millionen PKW gewesen. Bei einem durchschnittlichen Verkaufsvolumen von knapp 67 Millionen Einheiten ergebe sich - ohne weiteren Bestandsaufbau - mindestens eine Zeitspanne von rund 14 Jahren, um alle CO2-intensiven Pkw gegen saubere Pendants auszutauschen, realistisch sind eher 20 Jahre.

„Das bedeutet, dass die Automobilindustrie schon ab 2030 in der Lage sein sollte, überwiegend CO2-neutrale Autos anzubieten. Bei einem durchschnittlichen Modelllebenszyklus von sechs Jahren sprechen wir also von der übernächsten Produktgeneration“, sagt Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts.

Laut den Prognosen der Experten von PwC Autofacts vollziehe sich der Durchbruch alternativer Antriebstechnologien in zwei Etappen. Für die nächsten Jahre seien zunächst kleinere Technologieschritte zu erwarten wie der stärkere Einsatz des sogenannten 48-Volt-Bordnetzes, was den kosteneffizienten Einsatz von Hybridtechnologie ermöglicht, die ohne teure Hochvolttechnik auskommt. Diese Technologie ermöglicht den effizienten Einsatz von elektrischen Motoren von bis zu 15 kW Leistung als „Mild-Hybrid“. Als Starter sorgt der E-Antrieb für zusätzliches Drehmoment, als Generator sorgt er für die Rückgewinnung von Energie („Rekuperation“) und hilft damit, den Kraftstoffverbrauch zu senken.

„Schon zur Erreichung der Flottenverbrauchsziele für 2020 werden viele neue Fahrzeugmodelle mit Mild-Hybrid-Technologie ausgestattet sein, und der Elektrifizierung der globalen Neuwagenflotte erheblichen Vorschub leisten“, sagt Felix Kuhnert, Leiter Automotive bei PwC in Europa. Momentan handelt es sich zwar nur bei etwa jedem 100. Neufahrzeug in der EU um einen „Mild-Hybrid“. Doch schon 2020 könnte sich dieser Anteil dem Szenario zufolge auf fast acht Prozent vervielfachen. Bis 2025 sind es dann schon fast 25 Prozent, bevor sich das Wachstum danach allmählich abschwächt. „Das liegt in erster Linie daran, dass bis dahin bereits die zweite Etappe in vollem Gange ist - nämlich der Siegeszug der E-Fahrzeuge“, so Kuhnert.

Eine entscheidende Rolle beim Durchbruch der E-Mobilität kommt PwC zufolge der Politik zu. „Ein Beispiel ist der neue globalen Testzyklus WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure), der in der EU schon 2017 den klassischen Normzyklus ersetzen wird“, sagt Kuhnert. Auch darüber hinaus ist der staatliche Einfluss auf die Veränderung des Motoren-Mix enorm. So reicht das Spektrum politischer Maßnahmen von einer reinen Förderung (ein Beispiel ist der deutsche Umweltbonus) über einen Mix aus Fördern und Fordern (ein typischer Fall sind die New Energy Vehicles in China) bis hin zu einem lokal begrenzten Verbot von Verbrennungsmotoren (wie es bereits in den Innenstädten von London oder Hannover gilt). „Dabei beschränkt sich die Debatte nicht nur auf den Klimaaspekt. Der chinesischen Regierung etwa geht es in erster Linie darum, die Luftqualität in den Metropolen zu verbessern“, sagt PwC-Experte Stürmer. Und auch Brüssel plant zusätzlich zum WLTP die Einführung des sogenannten Real Driving Emissions Tests (RDE). Er soll den Ausstoß von Schadstoffen bei reellen Testfahrten auf der Straße überprüfen.

Analog zur Prognose für den europäischen Automarkt hat PwC Autofacts auch Szenarien für China und Nordamerika erstellt. „Für den chinesischen Markt gehen wir davon aus, dass reine E-Autos schneller auf signifikante Volumen kommen. Schon 2020 dürften die Elektrofahrzeuge einen Marktanteil von 5 Prozent erreichen“, sagt Felix Kuhnert. Bis 2030 dürfte ihr Markanteil bei mehr als 40 Prozent liegen, während Autos mit konventionellem Verbrennungsmotor ähnlich wie in der EU nur noch auf rund 15 Prozent kommen könnten. Für den NAFTA-Raum erwartet PwC Autofacts eine noch klarere Polarisierung des Marktes als in Europa. Zum Ende des nächsten Jahrzehnts sinkt der Benziner-Anteil dem Szenario zufolge auf eine niedrige zweistellige Prozentzahl, während Elektroautos bis dahin auf mehr als 35 Prozent kommen. In Summe wird auch 2030 die Mehrheit aller Neufahrzeuge noch mit Verbrennungstechnologie ausgeliefert - allerdings werden die meisten dieser Motoren dann mit Hybridtechnologie kombiniert. „Wir sind der Meinung, dass der Übergang zur Mobilität der Zukunft nicht als ein plötzliches 'Entweder-Oder' erfolgt, sondern als ein zunehmendes "Sowohl-als-Auch“, so Stürmer.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Erneutes Trump-Attentat: Secret Service nimmt Verdächtigen an Golfplatz fest
16.09.2024

Der Secret Service entdeckt einen bewaffneten Mann in den Büschen rund um den Golfplatz, auf dem Donald Trump seine Bälle schlägt, und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schnelle Übersetzungen per DeepL: Das deutsche Einhorn der Künstlichen Intelligenz
16.09.2024

Lichtblicke am deutschen Technologie-Horizont schimmern immer wieder mal durch - und oftmals ganz unverhofft. Das Startup „DeepL“ ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
16.09.2024

Viele Anleger wollen an der Börse reich werden. Doch ist das wirklich der Königsweg? Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben mehrere...

DWN
Finanzen
Finanzen Größere Summe anlegen: Wie investiert man 100.000 Euro in Aktien?
15.09.2024

Trotz der Bedeutung von Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau investieren die meisten Deutschen immer noch nicht in Einzelaktien...

DWN
Panorama
Panorama Virtuelle Wiesn: Ohne Bier, aber mit Karussell-Gefühl - mehr als ein Spiel
15.09.2024

Am 21. September startet in München wieder das Oktoberfest. Viele möchten gern dorthin, können es aber nicht schaffen. Für diese...

DWN
Politik
Politik Fahrlässige Sicherheitspolitik? Aufrüstung der Bundeswehr laut Experten viel zu langsam
15.09.2024

Die Bestände der Bundeswehr sind bis 2021 stetig gesunken und steigen seitdem nur sehr langsam. Deutschland steht vor großen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weniger Verkäufe, zu wenig Innovation: Demontiert sich Deutschlands Automobilbranche selbst?
15.09.2024

Werksschließungen, Stellenabbau und die Angst vor China: Deutschlands Autobauer scheinen in der Krise zu stecken. Doch warum hat die einst...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehr Druck auf den Büromarkt: Firmen reduzieren Flächen wegen Homeoffice
15.09.2024

Keine Entlastung für den ohnehin schon sehr angespannten Büroimmobilienmarkt: Unternehmen verkleinern ihre Büroflächen aufgrund des...