Politik

Österreich: Drastischer Anstieg des Strompreises zu erwarten

Der Strompreis in Österreich dürfte schon bald kräftig steigen. Deutschland will den Stromhandel mit Österreich begrenzen.
28.10.2016 12:24
Lesezeit: 2 min

Deutschland will den Stromhandel mit Österreich wegen Netzengpässen an der Grenze notfalls einschränken. Die Bundesnetzagentur wies die vier Übertragungsnetzbetreiber am Freitag an, ein sogenanntes Engpass-Management vorzubereiten. Ab Juli 2018 soll dies dann greifen können. Es geht um etwa zehn Prozent des Handelsvolumen, das wegen fehlender Netze eigentlich nicht abgewickelt werden könnte.

Die Folge könnte eine drastische Preissteigerung für die österreichischen Konsumenten sein. Die Wiener Zeitung Presse schreibt: "Eine solche Markttrennung wird hierzulande zu höheren Verbraucherpreisen führen und damit sowohl die privaten Haushalte als auch die österreichische Industrie belasten. Darüber sind sich alle Experten einig. Sie rechnen mit einem empfindlichen Anstieg des Strompreises von bis zu zehn Prozent." Allerdings ist nicht zu erwarten, dass der Strompreis über Nacht erhöht wird.

Die Entscheidung ist eine Folge einer überraschenden EU-Regulierung: Die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

(ACER) hat die Trennung des deutschen und österreichischen Strommarkts, der seit dem Jahr 2001 besteht, beschlossen. Nach Informationen der Presse wird dies zu einer enormen Erhöhung der Strompreise in Österreich führen. Es wird mit einer Erhöhung von etwa zehn Prozent gerechnet. Unklar bleibt, ob es Anfechtungsmöglichkeiten gibt. Denn nach EU-Recht ist eine Vereinheitlichung des europäischen Strommarkts anzustreben. Deutschland und Österreich galten bisher als EU-Vorbilder beim Aufbrechen der nationalen Strommärkte. Auslöser dieses Schritts sollen die schlechten Strommnetze in Polen und Tschechien sein. Denn der Strom wurde von Deutschland über Polen und Tschechien nach Österreich transportiert. Es drohte ein totaler Netzzusammenbruch. Deshalb fordern Prag und Warschau seit einer geraumen Zeit des einheitlichen Strommarkts von Österreich und Deutschland.

In Österreich wollen zahlreiche Marktteilnehmer die Entscheidung anfechten.

Hintergrund ist ein jahrelanger Streit mit Österreich um den Stromhandel.

Zwischen Deutschland und Österreich kann theoretisch unbeschränkt Strom gehandelt werden, obwohl die Netz-Kapazitäten an der Grenze begrenzt sind. Dies ist historisch bedingt und eine Ausnahme im europäischen Stromhandel, der sich praktisch an allen Grenzen nach den Leitungskapazitäten richtet.

Aufgrund der niedrigen Großhandelspreise in Deutschland - auch durch Förderung und Ausbau des Ökostroms - wird jedoch immer mehr Energie exportiert. Österreich ist auch deshalb ein großer Kunde, weil zu Zeiten besonders niedriger Preise die Wasserkraftwerksbetreiber wie Verbund kaufen und mit dem Strom das Wasser den Berg hinauf pumpen. In Zeiten höherer Preise wird das Wasser wieder abgelassen, Strom erzeugt und zurück nach Deutschland geliefert.

Wovon Österreich mit niedrigen Stromtarifen profitiert, ist für die deutsche Seite häufig ein Ärgernis: Wenn der Strom wegen fehlender Netze nicht geliefert werden kann, muss Deutschland Reservekraftwerke in Österreich mieten, die dann die Kunden beliefern. Die Kosten tragen alle deutsche Stromkunden über die Netzumlage. Bezahlen müssen sie auch Kraftwerke auf der deutschen Seite, die eigentlich liefern wollten, aber wegen der Engpässe nicht können. Dies macht geschätzt mehrere Hundert Millionen Euro pro Jahr aus.

Die Bundesregierung will mit der angedrohten Begrenzung nun Druck aufbauen, um mit Österreich doch noch zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Sie reagiert damit auch auf Beschwerden aus Polen und Tschechien, da Strom häufig über diesen Umweg wegen der Netzengpässe nach Österreich fließt. So werden aber auch in Osteuropa die Leitungen teils überlastet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Wenn Märkte überhitzen: Droht der Small-Cap-Rally das Aus?
13.07.2025

US-Anleger stürzen sich auf kleine Firmen – ein alarmierendes Zeichen. Warum Euphorie an der Börse oft das Ende markiert und was das...

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...