Amazon macht der Börse keine Geschenke im Weihnachtsgeschäft. Statt die Anleger mit steigenden Gewinnmargen zu umgarnen, pumpt der Internet-Handelsriese im laufenden Vierteljahr wieder massiv Geld in seine Investitionsoffensive. Seine Ergebnisprognose sorgte daher für eine kalte Dusche an der Wall Street. Aber der Konzern aus Seattle baut entschlossen am Fundament für langfristige Wachstumschancen.
"Die Investitionen werden üppig sein", sagte Finanzchef Brian Olsavsky. Sie würden in der zweiten Jahreshälfte deutlich angehoben. Ganz wichtig ist dem Management der Ausbau des konzerneigenen Vertriebsnetzes auf dem US-Heimatmarkt und im Ausland. In Vorbereitung des Feiertagsgeschäfts wurden allein im abgelaufenen Quartal 18 neue Warenlager eröffnet und fünf weitere in den ersten Oktoberwochen, wie Olsavsky erläuterte. Die Belegschaft wurde um 38 Prozent hochgefahren.
Fachleute gehen davon aus, dass sich die Anstrengungen in Zukunft auszahlen werden. Die Erweiterung der Infrastruktur dürfte später einmal positive Effekte haben, sagte Neil Saunders, der die Marktforschungsfirma Conlumino leitet. "Amazon spielt ein langes Spiel."
Filme als Lockmittel
Seine Ausgaben für die Produktion von Filmen und TV-Shows will das Unternehmen im zweiten Halbjahr nahezu verdoppeln. Die Medieninhalte sind ein wichtiges Lockmittel, um Abo-Kunden zu gewinnen. Diese können sich mittels des sogenannten Prime-Angebots nicht nur Videos ansehen, sondern erhalten auch attraktivere Konditionen beim Online-Einkauf.
Für den Zeitraum Oktober bis Dezember stellte die Konzernführung einen Gewinn von null bis 1,25 Milliarden Dollar in Aussicht. Selbst die Obergrenze liegt deutlich unter den Expertenschätzungen. In der abgelaufenen Dreimonatsperiode verdreifachte der Handelsgigant zwar sein Ergebnis auf 252 Millionen Dollar und schrieb damit das sechste Quartal hintereinander schwarze Zahlen, verfehlte aber die Markterwartungen. In Frankfurt sackte die Amazon-Aktie daraufhin am Freitag um 5,3 Prozent ab.
Geldregen aus Datenwolken
Früher hatte Amazon seine ambitionierten Expansionsziele häufig mit hohen Verlusten bezahlt. Doch mittlerweile verlangen Investoren mehr Kontinuität. "Manche dachten, die neue Ära höherer Margen würde sich dauerhaft fortsetzen, doch dieses Quartal dürften sie eines Besseren belehren", sagte Analyst Jan Dawson von der Marktforschungsfirma Jackdaw Research.
Gewinnbringer ist das Geschäft mit der Datenwolke (Cloud), das seinen Quartalsumsatz um 55 Prozent steigerte. Immer mehr Firmen nutzen solche Speicherdienste im Internet. Hier ist Amazon weltweit der führende Anbieter und konkurriert mit Microsoft, IBM und Google. Die Google-Mutter Alphabet gab am Donnerstag ebenfalls einen Umsatzanstieg in diesem Segment bekannt.