Gemischtes

Volkswagen will Kunden durch „digitales Ökosystem“ lotsen

Die Vernetzung im Auto nimmt zu - das haben viele Hersteller erkannt. VW will den Trend mit seiner Kernmarke radikaler als andere umsetzen.
23.11.2016 10:39
Lesezeit: 2 min

Volkswagen wittert ein Digitales-Milliardengeschäft, das nebenbei noch die Spätfolgen von «Dieselgate» eindämmen soll.  Auf dem Weg aus dem Jammertal von Diesel-Skandal und Renditeschwäche will Chef Herbert Diess der VW-Kernmarke das erhoffte Comeback auch mit jeder Menge Elektroautos einleiten - und mit neuen Angeboten, die die Dynamik des digitalen Wandels ausnutzen.

In der schwersten Krise seiner Geschichte gibt der Autobauer zugleich eine der radikalsten Neuausrichtungen bekannt, so die dpa. Die gewaltige Rosskur - sie macht einen Großteil des beschlossenen «Zukunftspakts» aus - soll einen Umbruch markieren, mit dem sich die Marke neu erfinden will.

«Im Jahr 2025 wollen wir mit Diensten rund um das vernetzte Auto rund eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr machen», verspricht Diess am Dienstag vor laufenden TV-Kameras in Wolfsburg. Den Namen für die digitale Plattform verrät er auch: «We» soll sie heißen und 80 Millionen Nutzer verknüpfen. «Sie befindet sich bereits in der Entwicklung», lässt Diess durchblicken und schwärmt von einem «digitalen Ökosystem». Doch wie soll das konkret aussehen?

Nur so viel: Ein Rundum-Wohlfühl-Paket soll es nach VW-Darstellung werden, das sich ums vernetzte, voll digitale Auto dreht. Dienste und Apps werden von VW, aber auch von externen Dienstleistern kommen.

Nicht nur bei Volkswagen ist die Suche nach neuen Ideen und Konzepten voll entbrannt. «Wir müssen die beste Qualität auch im Zeichen der Digitalisierung vorweisen», mahnte zeitgleich Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), in Berlin auf einer Konferenz. Auch wenn die deutsche Autobranche immer noch in schwerem Fahrwasser unterwegs sei, sei sie bisher in Sachen Qualität weiter vorn dabei. Das müsse auch künftig so bleiben.

Volkswagen setzt dabei unter anderem auf Elektromobilität, aber auch auf die Chancen eines voll vernetzten Autos. Die Kernmarke rund um Golf oder Passat will hier zu den Vorreitern gehören. «Als Marke suchen wir heute zum Kunden den direkten Kontakt, den wir bisher an den Händler delegiert haben», versucht Vertriebschef Jürgen Stackmann einen Erklärungsansatz.

Ein Beispiel gefällig? «Ihre Lieferadresse fürs Paket ist künftig das Auto - der Postbote liefert Ihnen das Paket direkt in den Kofferraum», sagt Stackmann. Auch das kurzfristige Vermieten des eigenen Wagens soll über die neue Plattform möglich werden. Und auch wenn es schon drei Jahre älter ist, soll es über die Plattform problemlos auf den jüngsten Software-Stand gebracht werden können.

Stackmann: «Wir wollen das Leben unserer Kunden vereinfachen durch unsere digitalen Dienste.» Die Käufer soll das möglichst wenig kosten - die externen Dienstleister sollen stattdessen zur Kasse gebeten werden. Und Volkswagen selbst? Wie viel Geld konkret in das Projekt gesteckt wird, verrät das Management nicht. «Es ist ein Umbauprogramm», sagt der Vertriebschef nur. Mit anderen Worten: Das nötige Investitionsvolumen soll an anderer Stelle eingespart werden.

Dabei hat VW neue Mittel auch in anderen Bereichen bitter nötig. Der US-Markt soll zurückerobert werden - nicht nur mit PS-starken Geländewagen, sondern auch mit Elektrofahrzeugen. Der Abgas-Skandal hatte in den USA seinen Anfang genommen und VW schwer belastet.

Nun hoffen die Wolfsburger, innerhalb der kommenden zwei Jahre nicht nur eine Renaissance in den Vereinigten Staaten einleiten zu können, sondern auch aus dem Image eines Nischenanbieters hervorzutreten. Was die Zuversicht befeuert? «Die Amerikaner lieben Comeback-Stories - Leute, die wieder aufstehen, wenn sie gestürzt sind», meint Stackmann. «Wir blicken da optimistisch nach vorn.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Deutz-Aktie: Einstieg ins Drohnengeschäft beflügelt Aktienkurs des Motorenherstellers
02.09.2025

Deutz wagt einen mutigen Schritt in ein neues Geschäftsfeld: Mit der Übernahme der Sobek Group will der Motorenbauer den...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen: Europa bereitet Plan für Truppen in der Ukraine vor
02.09.2025

Europa plant, Truppen in die Ukraine zu entsenden – mit Unterstützung der USA. Doch unklare Friedensaussichten machen den Plan für...

DWN
Finanzen
Finanzen SMA Solar-Aktie stürzt nach Gewinnwarnung ab – drohen weitere Probleme?
02.09.2025

Die SMA Solar-Aktie steht massiv unter Druck: Nach einer überraschenden Gewinnwarnung brechen die Kurse zweistellig ein. Anleger fragen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis erklimmt neues Rekordhoch: Anleger setzen auf Zinssenkungen – was kommt jetzt?
02.09.2025

Der Goldpreis hat ein neues Rekordhoch erreicht und dabei erstmals die Marke von 3.500 Dollar überschritten. Anleger hoffen auf...

DWN
Technologie
Technologie WhatsApp-Sicherheitslücke: Apple iOS und macOS im Visier – was die Lücke so gefährlich macht
02.09.2025

Eine kritische WhatsApp-Sicherheitslücke gefährdet aktuell Millionen Nutzer von iPhones, iPads und Macs. Angriffe erfolgen ohne Klick,...

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktie im Fokus: Umweltleistung mit EU-Umweltsiegel EMAS bestätigt
02.09.2025

Die Tesla-Aktie bleibt im Fokus: In Grünheide gab es ein EU-Umweltsiegel, doch zugleich wachsen Zweifel an echter Nachhaltigkeit. Zwischen...

DWN
Politik
Politik Armutsrisiko statt Altersvorsorge: Wie viele Menschen in die Altersarmut abrutschen
02.09.2025

Deutschland hat ein Lohnproblem: Knapp fünf Millionen Menschen verdienen unter 2.750 Euro brutto im Monat – mit gravierenden Folgen:...

DWN
Politik
Politik NATO: Geringeres Plus bei Verteidigungsausgaben
01.09.2025

Die Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten steigen weiter, doch das Tempo verlangsamt sich. Während Europa und Kanada aufholen wollen,...