Politik

Merkel fordert nationale Kraftanstrengung zur Abschiebung von Flüchtlingen

Lesezeit: 2 min
08.02.2017 23:00
Bundeskanzlerin Merkel will nach dem „Wir schaffen das“ nun eine nationale Kraftanstrengung zur Abschiebung von Migranten. Aktuell werden viele Verfahren schnell entschieden. Offenbar will die Kanzlerin im Wahljahr eine andere Politik signalisieren.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Andreas Rinke und Thorsten Severin von Reuters fassen den neuesten Stand der deutschen Einwanderungspolitik zusammen:

Kanzlerin Angela Merkel drängt die Bundesländer zur schnelleren gemeinsamen Abschiebung und Rückführung von Migranten. Am Donnerstag soll in einer gemeinsamen Sitzung mit den Ministerpräsidenten ein Maßnahmenbündel verabredet werden, das im Kanzleramt in einem 16-Punkte-Papier zusammengefasst worden ist. Geplant ist unter anderem eine zentrale Einrichtung, die Sammelabschiebungen koordinieren soll. Auch Bundesausreisezentren werden angepeilt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erklärte, sie sehe bei den genannten Punkten noch erheblichen Klärungsbedarf.

Hintergrund des Vorstoßes ist die schnell steigende Zahl von Asylentscheiden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Dadurch wächst auch die Zahl der Menschen, die Deutschland wieder verlassen müssen. Merkel hatte am Montag in München gefordert, das Thema Rückführungen ganz oben auf die politische Agenda zu setzen. "Es bedarf deshalb einer nationalen Kraftanstrengung, um zusätzliche Verbesserungen in der Rückkehrpolitik zu erreichen", heißt es in dem Papier.

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 25.300 Personen abgeschoben, im Jahr 2015 waren es knapp 21.000. Mit staatlicher Förderung kehrten zudem mehr als 55.000 Menschen in ihre Heimat zurück.

Das in dem Papier vorgesehene "Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr" (ZUR) soll der Abstimmung zwischen Bund und Ländern dienen und in ständigem Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsstaaten stehen. Bei Problemfällen soll es die nötigen Dokumente beschaffen, etwa Pässe. Das Zentrum soll innerhalb von drei Monaten in Berlin errichtet werden.

Wer keine Bleibeperspektive hat, solle möglichst nicht mehr dezentral in den Kommunen untergebracht werden. Der Bund will prüfen, inwieweit er eine Zuständigkeit bei der Beendigung eines Aufenthalts übernehmen kann. Einen Mehrwert könnten sogenannte Bundesausreisezentren schaffen, heißt es in dem Papier. In diesen können Personen dann in den letzten Tagen oder Wochen ihres Aufenthalts wohnen. De Maiziere hatte solche Ausreisezentren schon zu Jahresanfang vorgeschlagen. Über die Erfolgsaussichten äußerte er sich bei einem Termin in Hessen nicht. Der CDU-Politiker betonte aber, der Beschlussvorschlag sei am Montag mit den Parteichefs der Koalition, Justizminister Heiko Maas und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann abgestimmt worden.

Der Bund bietet an, im Jahr 2017 zusätzlich 40 Millionen Euro für Rückkehrprogramme und 50 Millionen Euro für Reintegrationsprogramme in den Herkunftsländern von Migranten einzusetzen. Die Länder sollen eine ausreichende Zahl an Abschiebehaftplätzen bereitstellen. Zudem soll eine möglichst lückenlose Erfassung der Rückführungen und freiwilligen Ausreisen organisiert werden. Bund, Länder und lokale Ausländerbehörden sollen ein gemeinsames IT-System einrichten, um Daten zwischen den Ebenen austauschen zu können. Die Länder sollen sich verpflichten, verstärkt Amtsärzte einzusetzen, wenn die Reisefähigkeit der Betroffenen geprüft werden muss.

Die Bundesregierung will ihrerseits die Verhandlungen mit wichtigen Herkunftsstaaten vorantreiben, um die Kooperation bei der Rücknahme eigener Staatsangehöriger zu verbessern. Das Bamf soll auch Handy und Sim-Karten von Flüchtlingen auswerten dürfen, um ihre Identität zu überprüfen.

Wie zwischen de Maiziere und Maas verabredet, soll zudem die Ausreisepflicht stärker durchgesetzt werden, etwa durch eine Erweiterung der Abschiebehaft für Ausländer, "von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben" ausgeht. Als Ziel von Bund und Ländern wird in dem Papier eine "flächendeckende staatliche Rückkehrberatung" genannt, die früh einsetzen soll.

GdP-Chef Jörg Radek sagte, jede politische Absichtserklärung müsse sich an rechtsstaatlichen Grundsätzen messen lassen. Werte und Rechtsauffassung dürften nicht durch politischen Aktionismus geopfert werden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte dem MDR, in den meisten Punkten sei eine Übereinstimmung möglich. Es werde aber auch den ein oder anderen Änderungsvorschlag seitens der Länder geben.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten an Russlands Grenze: Ein Zeichen der Stärke für das Baltikum?
06.10.2024

Estland, Lettland und Litauen rüsten auf, auch mit deutscher Hilfe. Kann die Machtdemonstration einen weiteren Konflikt mit Russland...

DWN
Panorama
Panorama 75 Jahre DDR-Gründung: Was bleibt von damals?
06.10.2024

Vor 35 Jahren endete die DDR durch die friedliche Revolution – anders als die dramatischen Anfänge des SED-Regimes. Doch die Spuren der...

DWN
Finanzen
Finanzen Zinswende in USA und Europa: Wie Anleger sich jetzt ideal aufstellen
06.10.2024

Die Notenbanken treiben die Angst vor der Rezession um und veranlassten sie zu Zinssenkungen. Was bedeutet die Zinswende für Anleger und...

DWN
Immobilien
Immobilien Kaminofenverbot ab 2025: Neue Grenzwerte und bis zu 50.000 Euro Strafe
06.10.2024

Ab 2025 tritt ein bundesweites Immissionsschutzgesetz in Kraft, nachdem viele Kaminöfen in deutschen Haushalten entweder modernisiert oder...

DWN
Panorama
Panorama 66 Jahre und noch längst kein Ende: Was bedeutet es, heute alt zu sein?
06.10.2024

Die Generation der aktiven Senioren fährt E-Bike und trainiert im Fitnessstudio: Immer mehr Menschen in Deutschland werden deutlich älter...

DWN
Immobilien
Immobilien Immowelt-Umfrage: So viel kostet die Energiesanierung Immobilienbesitzer
06.10.2024

Laut einer Umfrage geben Immobilienbesitzer 2024 im Durchschnitt 37.000 Euro für Energiesanierungen aus. Ein stolzer Betrag, wobei mehr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Umstellung auf die E-Rechnung ab 2025: Was das für Unternehmen bedeutet
05.10.2024

Ab Januar 2025 wird sie Pflicht – die E-Rechnung. Deutsche Unternehmen sind ab dann verpflichtet, im Geschäftsverkehr mit anderen...

DWN
Politik
Politik Nato-Führungswechsel: Startet Rutte eine neue Ära?
05.10.2024

Die Suche nach einem neuen Nato-Generalsekretär dauerte länger als ursprünglich gedacht. Nun kommt es jedoch zum erwarteten Wechsel....