Politik

EU fordert von Türkei Einhaltung des Flüchtlings-Deals

Die EU verlangt von der Türkei die Einhaltung der Zusagen im Flüchtlingsdeal. Doch der Deal ist wegen der Verwerfungen zwischen der EU und der Türkei in Gefahr. Der Architekt des Deals warnt vor einer humanitären Katastrophe.
16.03.2017 16:52
Lesezeit: 2 min

+++WERBUNG+++

[vzaar id="2845103" width="600" height="338"]

Die EU-Kommission hat die Türkei zur Einhaltung des gemeinsamen Flüchtlingsabkommens aufgerufen. "Wir erwarten, dass beide Seiten ihre Verpflichtungen einhalten", sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Brüssel laut AFP. Bei dem Vertrag handele es sich um "ein Engagement gegenseitigen Vertrauens, das Resultate zum Ziel hat". Das Abkommen sei im Interesse beider Seiten und auch in dem der syrischen Flüchtlinge.

Damit reagierte die Behörde auf eine Drohung des türkischen Außenministers Mevlut Cavusoglu, das im März 2016 getroffene Abkommen aufzukündigen. "Wir können die Abmachung einseitig beenden", hatte der Minister in einem Fernsehinterview am Mittwoch gesagt. Hintergrund war die diplomatische Eskalation mit Deutschland und den Niederlanden, wo Wahlveranstaltungen türkischer Minister untersagt worden waren.

Die Türkei hatte angekündigt, als ersten Schritt keine Flüchtlinge mehr aus Griechenland zurückzunehmen.

Das im März 2016 zwischen EU und Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Außerdem sagte die EU Milliarden-Zahlungen für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu. Ankara wurde auch in Aussicht gestellt, den Türken rascher Visa-Freiheit zu gewähren, doch gibt es in dieser Frage seit Monaten keine Fortschritte.

Auch die Beitrittsverhandlungen zur EU sollten beschleunigt werden. Die Beitrittsgespräche dehnte die EU zwar auf zwei neue Bereiche aus. Im Dezember stoppten die EU-Staaten aber wegen des massiven Vorgehens von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen Regierungsgegner nach dem Putschversuch vom Juli jede weitere Ausweitung.

Mittlerweile haben zahlreiche Politiker in der EU gefordert, die Beitrittsgespräche mit der Türkei zu beenden.

Der Initiator des Flüchtlingsabkommens zwischen der Türkei und der EU glaubt trotz der Auseiandersetzungen nicht an eine Aufkündigung des Pakts durch die türkische Führung. Dies sei "weder im Interesse Ankaras noch in dem der EU", sagte Gerald Knaus, Vorsitzender der von George Soros ins Leben gerufenen Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI), der Zeitung Die Welt. Bei einem Ende des Abkommens würden "wieder Hunderte Menschen in der Ägäis ertrinken und tote Kinder an die türkische Küste gespült werden", sagte Knaus, der für Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rahmen des Deals entworfen hatte.

Die Unterstützung durch die EU für Flüchtlinge sei wichtig, sagte Knaus der. Die Europäische Union habe sich durch das Abkommen auch nicht erpressbar gemacht. "Nichts hindert die EU daran, die Menschenrechtslage in der Türkei zu kritisieren." Sollte der Deal aber platzen, dann würde die Lage auf den griechischen Inseln "unhaltbar" und in dem Land drohe eine "humanitäre Katastrophe".

Knaus warf der EU zudem vor, die Lage auf den griechischen Inseln eskalieren zu lassen, wo tausende Schutzsuchende unter schwierigsten Bedingungen in Lagern leben. "Das ist ein Rechtsbruch", sagte er. Die EU habe klare Vorgaben, wie Menschen behandelt werden müssten, "auch Asylantragsteller", sagte er.

Die Situation sei fragil. "Jetzt kommt der Frühling, wenn bald statt 50 doch wieder 200 Flüchtlinge am Tag kommen, dann bricht das System zusammen." Knaus forderte den Aufbau europäischer Asylmissionen vor Ort. Diese sollten innerhalb von vier Wochen entscheiden, ob ein Migrant Asyl bekommt oder nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...