Finanzen

China befürchtet Kapitalflucht und erhöht die Zinsen

Chinas Zentralbank reagiert auf den Zinsschritt der Fed und strafft ebenfalls die Geldpolitik. Peking fürchtet eine Kapitalflucht, die auch in der Eurozone zu einer realen Gefahr werden kann. Doch die EZB zögert noch.
16.03.2017 22:02
Lesezeit: 2 min

+++WERBUNG+++

[vzaar id="2845103" width="600" height="338"]

Kurz nach der US-Notenbank Fed hat auch Chinas Zentralbank ihre Geldpolitik leicht gestrafft. Die Notenbank erhöhte am Donnerstag zum dritten Mal in drei Monaten die kurzfristigen Zinsen, berichtet Reuters. Mit den moderaten Erhöhungen wappnet sich die People's Bank of China (PBOC) gegen eine befürchtete verstärkte Kapitalflucht aus der Volksrepublik. Zur Stabilisierung der Landeswährung erhöhte sie zudem den Referenzwert für den Yuan so stark wie in den vergangenen zwei Monaten nicht.

Die Zinserhöhung in den USA berge das Risiko negativer Auswirkungen auf Chinas Finanzsystem, sagte Volkswirt Yang Zhao von der Bank Nomura. Deshalb reagiere die Notenbank darauf. "Der Zeitpunkt sagt doch alles", sagte Volkswirtin Alicia Garcia Herrero von der Bank Natixis: "China ist nicht länger von der Fed und der allgemeinen Finanzlage abgekoppelt."

Die Notenbank in Peking betonte, die Erhöhung bedeute keine grundsätzliche Änderung der Geldpolitik. Seit Oktober 2015 steht der Leitzins mit zehnjähriger Laufzeit wie fest zementiert bei 4,35 Prozent. Davor hatte die PBOC Zinsen sechs Mal gesenkt.

Mit steigenden Schlüsselsätzen in den USA gerät der Yuan unter Druck, da Geldanlagen in den Vereinigten Staaten für Investoren attraktiver werden. Mit 2016 hat der Yuan bereits ein rabenschwarzes Jahr hinter sich: Die Währung verlor so stark an Wert wie seit 1994 nicht mehr. Der Yuan ist nicht frei handelbar, sondern darf einen von der Notenbank täglich vorgegebenen Kurs nur in einer bestimmten Spanne über- oder unterschreiten.

Zugleich wird die Kapitalflucht aus dem Reich der Mitte durch die Abschwächung der Wirtschaft beschleunigt, die sich von dem Turbo-Wachstum früherer Jahre verabschiedet hat. Da sich die Wirtschaft zuletzt stabilisierte, hat die Zentralbank nun mehr Spielraum für die Umsetzung von Reformen.

Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch den Leitzins wie erwartet um 0,25 Punkte auf 0,75 bis 1,0 Prozent erhöht. In diesem Jahr will sie noch zwei Mal nachlegen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält sich ihrem Ratsmitglied Ewald Nowotny zufolge noch offen, ob bei einem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik zunächst die massiven Anleihenkäufe beendet oder die Zinsen angehoben werden. "Wir werden das entscheiden, wenn es so weit ist", sagte Österreichs Notenbankchef dem "Handelsblatt" laut Vorabbericht aus der Freitagausgabe. Ob sich das US-Modell, zuerst die Anleihekäufe zu beenden, eins zu eins auf Europa übertragen lasse, müsse man dann im konkreten Fall diskutieren. "Die EZB könnte auch den Einlagenzins früher erhöhen als den Leitzins", sagte Nowotny. Es müssten nicht alle Zinsen gleichzeitig und im selben Umfang erhöht werden. "Die Struktur der Zinssätze muss nicht immer konstant bleiben."

Eine gestiegene Inflation in der Euro-Zone und günstige Konjunkturdaten hatten an den Märkten Spekulationen genährt, die EZB könnte ihre massive geldpolitische Konjunkturhilfe im weiteren Jahresverlauf zurückfahren. Die Zentralbank hatte auf ihrer Sitzung in der vorigen Woche zwar ihren geldpolitischen Ausblick graduell geändert. An ihren billionenschweren Anleihenkäufen und den ultraniedrigen Zinsen rüttelte sie aber nicht. Nach wie vor bereitet ihr Sorgen, dass die Kerninflation im Währungsraum, die die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, nicht anspringen will. Experten gehen daher davon aus, dass bei der EZB frühestens nach dem Sommer eine vorsichtige Diskussion über eine allmähliche Normalisierung der Geldpolitik eingeleitet wird.

Allgemein wird die Wende jedoch erst 2019 erwartet, weil die meisten Euro-Staaten bis dahin keine Chance haben, mehr für ihre Schulden zu bezahlen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...