Politik

Merkel ohne Erfolg bei Erdogan: Keine Zusage für Politiker-Besuch

Bundeskanzlerin Merkel hat bei einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan keinen Erfolg gehabt - obwohl sie ihm quasi ein Ultimatum gestellt hatte.
26.05.2017 15:56
Lesezeit: 2 min

Im Streit über das Besuchsrecht deutscher Abgeordneter bei Bundeswehrsoldaten in Incirlik hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Treffen mit Angela Merkel offenbar keine Zusagen gemacht. Die Kanzlerin habe in dem Gespräch eine Ansage gemacht, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. "Jetzt müssen wir mal gucken, ob's wirkt." Merkel hatte vor dem Treffen am Donnerstag in Brüssel den Abzug der rund 250 Soldaten und der Tornado-Jets angekündigt, wenn die Türkei nicht einlenke. Sie halte ein Besuchsrecht für unabdingbar. "Ansonsten müssen wir Incirlik verlassen." Für den Nato-Stützpunkt im türkischen Konya zeichnete sich dem Spiegel zufolge indes eine Lösung ab.

Merkel kam beim Nato-Gipfel mit Erdogan zusammen. Nach dem Treffen erklärte ihr Sprecher, sie hätten ein "Gespräch über derzeitige Belastungen der deutsch-türkischen Beziehungen" geführt. Dabei sei es nicht nur um Incirlik gegangen. Die Kanzlerin habe sich auch erneut für eine rechtsstaatliche Behandlung deutscher Bürger eingesetzt. Sie habe insbesondere die Freilassung des inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel gefordert.

Vor gut einer Woche hatte die türkische Regierung Bundestagsabgeordneten erneut den Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik verweigert. Zusätzlich belastet sind die Beziehungen durch die jüngste Absage der türkischen Regierung an Abgeordnete, die zu politischen Gesprächen in die Türkei reisen wollten.

Das Verteidigungsministerium erkundet seit einiger Zeit Möglichkeiten für eine Verlegung der Soldaten, die im Rahmen des Kampfes gegen die Extremistenmiliz IS in Incirlik stationiert sind. "Da gibt es positive Ergebnisse", sagte ein Ministeriumssprecher. Sollte die Entscheidung für einen Abzug fallen, könnten die Flüge zum Beispiel von Jordanien aus fortgesetzt werden. Die Verlegung würde mindestens zwei Monate beanspruchen. In Incirlik sind Tornado-Aufklärungsjets sowie ein Tankflugzeug der Bundeswehr stationiert, die die internationale Anti-IS-Koalition unterstützen.

Im Streit über den Nato-Stützpunkt in Konya zeichnet sich dagegen eine Lösung ab. Außenminister Sigmar Gabriel habe Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vorgeschlagen, Flüge nach Konya grundsätzlich als Nato-Flüge zu deklarieren. Abgeordnetenbesuche müssten dann von der Regierung in Ankara nicht mehr genehmigt werden. Die türkische Regierung habe beim Nato-Gipfel Zustimmung signalisiert. Anders als Konya ist Incirlik keine Nato-Basis, sondern untersteht der Befehlshoheit der Türkei.

Als weitere Belastung der bilateralen Beziehungen könnte sich erweisen, dass sich nach einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR zwei der nach dem Militärputsch in der Türkei meistgesuchten türkischen Offiziere nach Deutschland abgesetzt haben. Sie seien am 12. Mai aus Griechenland kommend in Frankfurt gelandet und in einem Asylbewerberheim in Hessen untergebracht worden. Laut Dublin-Verordnung hätten sie in Griechenland Asyl beantragen müssen. Seit dem Militärputsch haben nach Angaben des Innenministeriums 437 türkische Inhaber von Diplomaten- oder Dienstpässen mit ihren Angehörigen einen Asylantrag gestellt. Diese seien in einigen Fällen bewilligt worden, sagte eine Sprecherin.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...