Politik

Katar: Trump will vermitteln, Türkei stationiert Truppen

Lesezeit: 3 min
08.06.2017 02:20
US-Präsident Trump will in der Katar-Krise vermitteln. Das größte aktuelle Problem ist die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung.
Katar: Trump will vermitteln, Türkei stationiert Truppen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das türkische Parlament hat die Stationierung von Truppen in Katar beschlossen. Die Abgeordneten billigten am Mittwoch ein Verteidigungsabkommen mit dem Golf-Emirat. Angaben zur konkreten Zahl der zu stationierenden Soldaten oder zum Zeitpunkt der Stationierung sind in dem Abkommen bislang nicht enthalten.

Das Vorgehen der Türkei wird als Zeichen der Unterstützung Katars gewertet. Das kleine Emirat am Golf steht derzeit im Zentrum einer schweren diplomatischen Krise, nachdem Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate am Montag ihre diplomatischen Beziehungen zu ihm abbrachen. Sie werfen Doha vor, Extremistengruppen in der Region zu unterstützen. Zudem sind sie unzufrieden, dass Katar ihren Kurs zur Isolation des Irans nicht mitträgt.

Die Türkei unterhält gute Beziehungen zu Katar, aber auch zu anderen Golfstaaten. Die Türkei verfügt in Katar über eine Militärbasis, auf der bislang 80 Soldaten stationiert sind. Letztlich könnten es aber bis zu 3000 werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die von den arabischen Ländern verhängte Blockade gegen Katar am Dienstag als "nicht gut" bezeichnet. Die Türkei werde ihre Verbindungen zu Katar weiter entwickeln.

Das Emirat Katar befindet sich in Gesprächen mit der Türkei und dem Iran, um seine Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen, berichtet The Daily Mail. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sind bisher die wichtigsten Nahrungsmittellieferanten des Emirats gewesen. Doch aufgrund des aktuellen Konflikts haben Saudi-Arabien und die VAE die Lieferungen nach Katar gestoppt und das Land somit indirekt mit Wirtschaftssanktionen belegt.

Saudi-Arabien hatte zuvor die Grenze zu Katar geschlossen und den Luft- und Seeverkehr in das Emirat gekappt, um wirtschaftlichen Druck auszuüben. Zwischen 40 und 50 Prozent der Nahrungsmittelimporte Katars, einschließlich der meisten frischen Molkereiprodukte, Gemüse, Obst und Getreide, wurden bisher von Saudi-Arabien nach Katar über den Landweg exportiert, führt Stratfor in einer Analyse aus. Unter Berücksichtigung der gesamten Importe hat Saudi-Arabien einen Anteil von 4,3 Prozent und die VAE einen Anteil von 8,8 Prozent. Im einzelnen importiert Katar 45,85 Prozent seiner Molkereiprodukte aus Saudi-Arabien. Aus der VAE bezieht Katar 8,88 Prozent seiner Molkereiprodukte. Der VAE-Anteil bei Kaffee und Tee liegt bei 32,75 Prozent und der saudische Anteil bei 1,26 Prozent. Der VAE-Anteil bei den tierischen und pflanzlichen Fetten liegt bei 57,89 Prozent und der saudische Anteil bei 12,29 Prozent. 78,88 Prozent seiner Baumaterialien wie Putz, Zement oder Schwefel bezieht Katar aus der VAE. Getränke und Essig bezieht Katar zu 27,65 Prozent aus Saudi-Arabien. Bei Schmiermitteln, Seife und Waschmitteln ist Katar ebenfalls von Saudi-Arabien abhängig. Dort liegt der Anteil bei 39 Prozent.

Die Gefahr einer Nahrungsmittel-Krise in Katar ist nach Angaben der Washington Post real. "Katar bezieht 99 Prozent seiner Nahrung vom Ausland", zitiert das Blatt Theodore Karasik von Golf State Analytics. In den vergangenen Tagen sind die Einwohner von Katar dazu übergegangen, Nahrungsmittel auf Vorrat zu kaufen, berichtet Doha News. Katar hat 2,2 Millionen Einwohner und das Land besteht zum Großteil aus Wüste. Im Jahr 2009 schloss Katar mit Kenia einen Leasing-Vertrag über die Anmietung von fruchtbarem Land mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Dafür sollte Kenia ein Darlehen in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar erhalten.

Die Fluglinie Qatar Airways wurde ebenfalls schwer getroffen. Mittlerweile hat die Fluglinie das Einflugs-Recht in 19 Ländern verloren, da diese Qatar Airways mit Flugverboten belegt haben. Hinzu kommt, dass Qatar Airways bereits im vergangenen Jahr 38 Prozent seines Marktwerts einbüßte und mittlerweile nur noch 2,2 Milliarden Dollar wert ist. Wenn die Handels- und Reiseblockaden andauern, könnte Katar eine Nahrungsmittelpreis-Inflation erleben, wobei die Nahrungsmittelhilfe, die vom Iran bereitgestellt wurde, dies abschwächen könnte. In den hart umkämpften Banken- und Finanzdienstleistungssektoren könnten längere Wirtschaftssanktionen die Wettbewerbsfähigkeit von Katar mit anderen GCC-Staaten untergraben.

US-Präsident Donald Trump hat dem Emir von Katar in der diplomatischen Krise seine Unterstützung angeboten. Der Präsident habe in einem Telefongespräch mit Tamim bin Hamad al-Thani betont, dass die Zusammenarbeit aller Staaten in der Region im Kampf gegen Terror wichtig sei, teilte das US-Präsidialamt am Mittwoch mit. Trump habe ein Treffen im Weißen Haus vorgeschlagen, um die Krise zu lösen.

Der Emir von Kuwait traf unterdessen in der katarischen Hauptstadt Doha ein, wie die staatliche Nachrichtenagentur Kuna berichtete. Er hatte die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien besucht. Der kuwaitische Herrscher versucht, in dem Konflikt zu vermitteln.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...