Finanzen

China nervös wegen Schieflage von Anbang-Versicherung

Die chinesische Anbang-Versicherung scheint erhebliche Probleme zu haben. Taumelt das Institut, könnten dies unabsehbare Folgen für das globale Finanzsystem haben.
25.06.2017 00:44
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Probleme des chinesischen Versicherungsgiganten Anbang sind offenbar größer als bisher bekannt. Wenige Tage nach der Festnahme von Konzernchef Wu Xiaohui erklärte der Konzern am Donnerstag, dass seine Produkte weiter über Banken verkauft würden. Angestellte mehrerer Finanzinstitute erklärten aber auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, teilweise sei der Vertrieb schon vor Monaten eingestellt worden. So sagte der Chef einer Pekinger Filiale der weltgrößten Bank ICBC, noch im vergangenen Jahr seien Anbang-Produkte sehr beliebt gewesen. Seit einer Anweisung der Konzernzentrale habe man den Vertrieb jedoch eingestellt. Die Gründe dafür seien unklar.

Gegen den Versicherungskonzern Anbang ermitteln die Behörden laut dem Magazin Caixin wegen des Verdachts der Missachtung von Vorschriften für Versicherungsprodukte und Investitionen. Dabei geht es vor allem darum, dass viele der relativ attraktiv verzinsten Versicherungsprodukte des Unternehmens auf hochriskanten, unregulierten Wertpapieren basieren. Diese erfreuen sich in China einer großen Beliebtheit, stellen aber aufgrund ihrer Funktionsweise im Sinne eines Schneeball-Systems ein Risiko für die Stabilität des gesamten Finanzsystems dar.

Daten der China Insurance Regulatory Commission zufolge ist das Neugeschäft der Lebensversicherungssparte von Anbang im April um 99 Prozent eingebrochen, berichtet die Financial Times. Damals hatte die Finanzaufsicht den Banken des Landes verboten, bestimmte Produkte von Anbang zu verkaufen. Nach Angaben von Bloomberg haben daraufhin mindestens 6 Banken den Verkauf von Anbang-Versicherungen eingestellt.

Anbang verfügt zwar über verschiedene Vertriebskanäle. Mit Hilfe von Banken wurden jedoch im vergangenen Jahr 88 Prozent der Policen verkauft. Die chinesische Finanzaufsicht reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Anbang gehört zu den chinesischen Unternehmen, die im großen Stil andere Versicherer und Immobilien im Ausland aufkaufen, darunter das New Yorker Luxushotel Waldorf Astoria. Für Deals wie diese hat der Konzern in den vergangenen zwei Jahren mehr als 30 Milliarden Dollar ausgegeben. Allerdings hat die Staatsführung in Peking angekündigt, Risiken im Finanzsystem einzudämmen und deswegen den Abfluss von Geld ins Ausland zu beschränken. Große Versicherer stehen unter besonderer Beobachtung, weil sie Geld aus dem Verkauf hochverzinster Produkte für Zukäufe im Ausland nutzen.

Konzernchef Wu wurde Insidern zufolge am Freitag vergangener Woche überraschend festgenommen. In dieser Woche erklärte Anbang, Wu könne seinen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen. Die Geschäfte würden aber normal weitergeführt.

Der Rücktritt Wus erfolgt in einer Zeit großer Unruhe in der chinesischen Versicherungsbranche. Mehrere namhafte Vertreter stehen wegen Korruptionsverdachts oder Missachtung der Vorschriften im Fadenkreuz der Aufsichtsbehörden. Selbst der Chef der Aufsichtsbehörde, Xiang Junbo, musste im April zurücktreten, gegen ihn wird wegen Korruption ermittelt.

Im Jahr 2004 gegründet, entwickelte sich Anbang in wenigen Jahren vom einfachen Immobilienversicherer zu einem Finanzkoloss, der massiv im Ausland investierte. Aufgrund ihrer starken Verflechtung im instabilen chinesischen Finanzsystem und aufgrund ihrer Investitionen im Westen birgt eine mögliche Insolvenz der Versicherung hohe Risiken für das Weltfinanzsystem.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...