Politik

Bundestag beschließt Gesetz zur Löschung von „Falschnachrichten“

Lesezeit: 1 min
30.06.2017 11:56
Die Bundesregierung forciert die Kontrolle über Inhalte, die in den sozialen Medien geteilt werden.
Bundestag beschließt Gesetz zur Löschung von „Falschnachrichten“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach monatelanger Debatte verabschiedete der Bundestag dazu am Freitag mit den Stimmen von Union und SPD ein Gesetz, das die Betreiber von sozialen Netzwerken verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren. Sonstige rechtswidrige Inhalte müssen „in der Regel“ innerhalb von sieben Tagen gelöscht oder gesperrt werden.

Was genau strafbare Inhalte sind, ist in vielen Fällen unklar. Vor allem ist unklar, wie es sich mit dem Grundgesetz verträgt, dass private Unternehmen mit der Beurteilung von Strafbarkeit beauftragt werden. Bisher war dies in Deutschland die Zuständigkeit der Gerichte. Dem Gesetz zufolge sollen darüber offenbar auch Dritte entscheiden, weil die sozialen Netzwerke die Entscheidung auch an gemeinsame Einrichtungen der Plattformbetreiber abgeben können, die unabhängig sein müssen. Diese müssen ebenfalls binnen sieben Tagen über die Strafbarkeit des gemeldeten Inhalts entscheiden.

Die Netzwerk-Betreiber werden mit dem Gesetz verpflichtet, den Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anzubieten. Nutzerbeschwerden müssen sie unverzüglich zur Kenntnis nehmen und auf strafrechtliche Relevanz prüfen. Wird ein Beschwerdemanagement nicht oder nicht richtig eingerichtet, droht eine Geldbuße. Diese kann fünf Millionen Euro gegen eine für das Beschwerdeverfahren verantwortliche Person betragen. Gegen das Unternehmen selbst kann die Geldbuße bis zu 50 Millionen Euro ausmachen.

Bundesjustizminister Heiko Maas sagte, mit dem Gesetz werde das „verbale Faustrecht“ im Netz beendet und die Meinungsfreiheit aller geschützt.

Kritik äußerte vor der Abstimmung unter anderem Linken-Parteichefin Katja Kipping. Fast alle Experten hätten die von der großen Koalition geplante Neuregelung vergangene Woche im Rechtsausschuss des Bundestages als „verfassungswidrig“ bezeichnet, sagte Kipping der Nachrichtenagentur AFP. Mit dem „Last-Minute-Gesetz“ werde die Unterscheidung zwischen strafbarer Hetze, Satire und freier Meinungsäußerung „nun faktisch an Drittdienstleister der Internetmonopolisten wie Facebook delegiert“.

Kipping warf Maas „bemerkenswerte Ignoranz"“ vor, weil dieser das Gesetz noch in dieser Woche durch den Bundestag peitsche. „Die grundlegenden Mängel des Gesetzes lassen sich in dem überstürzten Verfahren nicht mehr korrigieren“, sagte sie zu AFP.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Wie die USA Europa eroberten
24.09.2023

Der Publizist Werner Rügemer äußert sich im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten zum Anspruch der USA, alleinige Weltmacht...

DWN
Finanzen
Finanzen Beginn einer Ent-Euroisierung? Euro-Nutzung bricht laut Swift ein
24.09.2023

Der Euro wird im internationalen Handel viel weniger verwendet. Das zeigen kürzlich erschienene Swift-Zahlen. Ökonomen sehen darin eine...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kritische Rohstoffe: Wie die EU ihre Versorgung sichern will
24.09.2023

Lernen auf die harte Tour: Pandemiebedingte Engpässe, geopolitische Veränderungen und der Krieg in der Ukraine zwingen Europa zum...

DWN
Politik
Politik Gewalt-Eskalation im Kosovo: Spannungen mit Serbien nehmen massiv zu
24.09.2023

Bei Kämpfen mit einem bewaffnetem Kampftrupp im Nord-Kosovo gab es Tote. Die Spannungen in der Region nahmen zuletzt zu. Nun ist es zu den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Startups: Wenn die Gazelle das Rennen verliert
24.09.2023

Nur sehr wenige Startups schaffen es von null auf hundert auf der Erfolgsskala in kürzester Zeit. Für die meisten jungen Gründer ist der...

DWN
Politik
Politik Länder warnen vor Aus für Deutschlandticket
24.09.2023

Das beliebte Deutschlandticket für Millionen Fahrgäste könnte schon bald wieder Geschichte sein – heißt es aus den Ländern gen...

DWN
Technologie
Technologie Die politische Ökonomie der Technologie
24.09.2023

Das System der industrialisierten westlichen Welt und ihrer Machtverteilung und -ausübung unterliegt einer großen Spannung. Diese wird...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Es geht schlicht um die Neuordnung Europas
23.09.2023

Bei Friedensverhandlungen zwischen Brüssel, wo die Zentralen der EU und der NATO stehen, und Moskau geht es unweigerlich um eine...