Signale von US-Notenbankchefin Janet Yellen für behutsame Zinserhöhungen haben die Wall Street am Mittwoch beflügelt. "Der Weg zurück in die geldpolitische Normalität, geschweige denn zu Zinsniveaus der vergangenen Jahre, sollte sehr, sehr lang werden", schloss Marktstratege Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets aus ihren Äußerungen. Gleichzeitig bescheinigte Yellen bei ihrer Anhörung im Kongress der US-Wirtschaft ein solides Wachstum. "Was will das Anleger-Herz mehr?", ergänzte Stanzl. Mit dem Abbau ihrer im Zuge der Finanzkrise aufgeblähten Bilanz will die Notenbank wahrscheinlich noch dieses Jahr beginnen.
Mit ihren jüngsten Zinserhöhungen hat die US-Notenbank bereits erste Schritte in Richtung Normalisierung der Geldpolitik gemacht. Während der Finanzkrise hatte die Fed ihre Nullzinspolitik mit dem Ankauf von Wertpapieren untermauert, die die Bilanz aufgetürmt hatten. An den Devisenmärkten rechnen die Anleger mit ersten Maßnahmen dazu ab September.
Die US-Wirtschaft ist nach einer Umfrage der Notenbank Fed in den vergangenen Wochen auf Expansionskurs geblieben. Die Wirtschaftsaktivität habe in allen zwölf Fed-Bezirken im Juni zugelegt, teilte die US-Notenbank in ihrem am Mittwoch veröffentlichten sogenannten Beige Book mit. Die Fed bezeichnete darin das Wachstumstempo in den Regionen als leicht bis moderat. "Die Löhne stiegen in den meisten Bezirken weiter in einem bescheidenen bis mäßigen Tempo." Die Währungshüter hoffen, dass mit einer anhalten soliden Konjunktur auch die Löhne stärker zulegen. Dies würde für mehr Preisauftrieb sorgen und die Inflation anheizen, die aktuell noch ein gutes Sück vom Zwei-Prozent-Ziel der Fed entfernt liegt.
Firmen und Staat hatten im Juni zusammen 222.000 neue Mitarbeiter eingestellt, was deutlich über den Prognosen der Volkswirte lag. Die Arbeitslosenquote zog leicht auf 4,4 Prozent an. Ein Dämpfer war allerdings der mit 0,2 Prozent überraschend schwache Anstieg der Stundenlöhne. Die Gehälter der US-Bürger gelten als Lackmustest dafür, ob der Aufschwung tatsächlich bei den Bürgern ankommt. Laut dem Beige Book hat sich der private Verbrauch in den meisten Regionen im Juni gut gehalten. In der Hälfte aller Fed-Bezirke seien allerdings die Autoverkäufe gesunken. Die Konsumausgaben machen rund 70 Prozent der Wirtschaftsleistung der USA aus.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 0,6 Prozent höher auf einem Rekordhoch von 21.532 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 erhöhte sich um 0,7 Prozent auf 2443 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verbesserte sich um 1,1 Prozent auf 6261 Punkte.
Bei den Einzelwerten legten die Twitter-Aktien 3,3 Prozent zu. Der Kurznachrichtendienst hat einen neuen Finanzvorstand gefunden. Ab Ende August wird Ned Segal die Position übernehmen. Der 43-Jährige kommt vom Software-Hersteller Intuit und arbeitete davor für die US-Investmentbank Goldman Sachs.
Amazon-Anteilsscheine verteuerten sich um 1,2 Prozent. Der Online-Händler stellte an seinem Verkaufstag Prime Day einen neuen Rekord auf.
An Europas Aktienmärkten entzündete Yellen mit ihren Äußerungen ein kleines Kursfeuerwerk. Der Dax kletterte um 1,5 Prozent auf 12.626 Zähler, der EuroStoxx50 gewann ebenfalls 1,5 Prozent auf 3515 Punkte.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 790 Millionen Aktien den Besitzer. 2258 Werte legten zu, 673 gaben nach und 133 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,79 Milliarden Aktien 2062 im Plus, 782 im Minus und 237 unverändert.
Die US-Kreditmärkte legten zu. Die zehnjährigen Staatsanleihen gewannen 12/32 auf 100-16/32. Die Rendite sank auf 2,3177 Prozent. Der 30-jährige Bond erhöhte sich um 25/32 auf 102-9/32 und rentierte mit 2,8853 Prozent.