Politik

Polen: Präsident legt Veto gegen Justiz-Reform ein

Lesezeit: 2 min
24.07.2017 10:42
Polens Präsident Duda hat sein Veto gegen die Justizreform der Regierung eingelegt.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Nach wochenlangen Protesten und einer beispiellosen Konfrontation mit der Europäischen Union hat Polens Präsident Andrzej Duda die von der EU kritisierte Justizreform gestoppt. Duda kündigte am Montag sein Veto gegen zwei der drei Gesetze an, mit der die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) das Justizwesen grundlegend umbauen will. Er verwies das Gesetzespaket zur Überarbeitung zurück an das Parlament. Die Opposition reagierte erleichtert und sprach von einem Sieg des Volkes über den Versuch, die Gewaltenteilung in Polen abzuschaffen. Die Landeswährung Zloty legte nach dem Veto zum Euro kräftig zu, weil Investoren die Risiken einer Konfrontation mit den europäischen Partnern als verringert bewerteten.

Die Reform hatte nach einer turbulenten Sitzung in der Nacht zum Samstag im Senat die letzte Parlamentshürde genommen. „Ich habe entschieden, dass ich die Gesetze über das Verfassungsgericht und zum Nationalen Justizrat an den Sejm (Abgeordnetenkammer) zurückverweise, das heißt, mein Veto einlege“, erklärte Duda am Montagmorgen. Der mit der PiS verbündete Präsident stellt sich mit seiner Entscheidung gegen Partei-Chef Jaroslaw Kaczynski, der als eigentlicher starker Mann der polnischen Politik gilt.

Die polnische Regierung will das letzte Wort bei der Bestellung von Richtern haben, eine Praxis, die in vielen westlichen EU-Staaten seit Jahrzehnten üblich ist. So werden in Deutschland die Richter des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesrat und vom Bundestag gewählt. Es entscheiden also letztlich die Ministerpräsidenten und die Parteien über die Bestellung. Dies hat in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass verdiente Politiker aus den Regierungsparteien ihren beruflichen Lebensabend am BVerfG verbringen durften - auch wenn diese Politiker in ihrer Karriere nicht durch juristische Spitzenleistungen aufgefallen waren.

In Polen stößt dieses Procedere nun auf den erbitterten Widerstand von anderen Staaten und aus Brüssel.

Die EU-Komission hatte in der vergangenen Woche mit der schärfsten Waffe gegen ein Mitglied gedroht, einem Verfahren nach Artikel 7 des Lissabon-Vertrags. Danach ist eine Suspendierung der EU-Stimmrechte möglich, wenn ein Staat in schwerwiegender Weise die Grundwerte der EU verletzt, darunter Rechtstaatlichkeit, Freiheit und Demokratie. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich allerdings demonstrativ auf die Seite der polnischen Regierung geschlagen und sein Veto angekündigt.

Das rasche Veto Dudas kam für Beobachter überraschend. Er hätte drei Wochen Zeit gehabt, das Vorhaben zu prüfen. Allerdings hatte Duda, der sein Amtsverständnis einmal als Umsetzung des PiS-Programms beschrieben hatte, bereits zuvor mit einem Veto gedroht, wenn die Gesetzesvorlage nicht geändert werde. So müsse die erforderliche Mehrheit im Parlament zur Ernennung des Justizrates zur Auswahl der Verfassungsrichter auf eine Drei-Fünftel-Mehrheit angehoben werden. „Die Justiz muss reformiert werden, aber sie muss vernünftig reformiert werden“, hatte Duda erklärt.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...