Politik

Steuer-Reform belastet Indiens Wirtschaft

Lesezeit: 1 min
06.08.2017 18:34
Die Einführung einer einheitlichen Umsatzsteuer hat die indische Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Asien  
Bargeld  
Steuern  

Die Einführung einer neuen landesweiten Umsatz-Steuer hat die Geschäfte der indischen Industrie so stark einbrechen lassen wie seit fast neun Jahren nicht mehr, berichtet Reuters. Der Einkaufsmanager-Index fiel im Juli überraschend um drei auf 47,9 Punkte, wie das Institut IHS Markit am Dienstag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Damit ging das Barometer so kräftig zurück wie seit November 2008 nicht mehr, als die weltweite Finanzkrise ihren Lauf nahm. Es liegt deshalb erstmals seit Dezember 2016 unter der Marke von 50 Zählern, oberhalb der es Wachstum signalisiert.

In Indien trat am 1. Juli die größte Steuer-Reform seit der Unabhängigkeit von Großbritannien vor 70 Jahren in Kraft. Der Satz auf Waren und Dienstleistungen (GST) soll zahlreiche Landes- und Bundessteuern ersetzen und den Subkontinent mit seinen 29 Bundesstaaten und 1,3 Milliarden Menschen wirtschaftlich enger zusammenschweißen. Ökonomen erwarten durch die Einführung keine dauerhaften Nachteile für die Konjunktur in dem Schwellenland. „Ein Monat hat noch keine große Bedeutung“, sagte Shilan Shah vom Analysehaus Capital Economics. „Wir gehen davon aus, dass sich die Bedingungen verbessern, sobald sich die Unternehmen erst einmal an das neue System gewöhnt haben.“

Die neue Steuer stelle vor allem die Inhaber kleinerer Geschäfte vor Probleme, sagte Kumar Rajagopalan, Chef des indischen Einzelhändlerverbands, der nach eigenen Angaben rund 500.000 Geschäfte vertritt. „Viele von ihnen sind es nicht gewohnt, über Transaktionen Buch zu führen und Steuererklärungen abzugeben, und sie haben keine Computer.“

Auch die sogenannte Anti-Preistreiberei-Klausel des neuen Gesetzes sorgt für Ungewissheit. Demnach müssen Unternehmen etwaige Steuervorteile durch die GST an ihre Kunden weitergeben. Andernfalls drohen strenge Strafen. Unklar ist aber, nach welchen Maßstäben das beurteilt werden soll.

Nicht zuletzt sind auch Verbraucher verunsichert, weil bis zuletzt noch nicht bei allen Produkten entschieden war, in welche der sechs neuen Steuerklassen zwischen null und 28 Prozent sie fallen – und was nun teurer und was billiger wird.

Asiens drittgrößte Volkswirtschaft nach China und Japan ist im ersten Quartal um 6,1 Prozent gewachsen. Das ist viel im internationalen Vergleich, aber dennoch das kleinste Plus seit mehr als zwei Jahren. Experten erwarten daher, dass die Zentralbank ihren Leitzins auf den tiefsten Stand seit mehr als sechseinhalb Jahren senken wird.

Die indische Regierung hatte die Wirtschaft des Landes bereits im November 2016 mit einer überraschend eingeführten Bargeld-Reform geschwächt. Im Zuge der Reform kam es zu Unruhen und Konfiszierungen von Privateigentum. Die neue Umsatzsteuer ist damit die zweite Maßnahme innerhalb kürzester Zeit, die die Kontrolle des Staates über die Bürger verstärkt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Immobilien
Immobilien Haus & Grund rät zu Geduld: Bei Grundsteuer auf neuen Bescheid warten
21.12.2024

Im Durchschnitt sollte es nicht teurer werden, das war das Versprechen der Grundsteuer-Reform. Doch noch immer wissen viele nicht, wie viel...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...