Das US-Verteidigungsministerium bereitet angeblich einen Präventivschlag gegen Nordkorea vor. Das berichtet der US-Sender NBC unter Berufung auf zwei anonyme Quellen aus dem Militär. NBC schreibt, das Pentagon würde in diesem Fall B1-Bomber vom Luftwaffenstützpunkt Andersen Air Force Base in Guam zum Einsatz bringen.
Es ist schwer zu beurteilen, wie zutreffend dieser Bericht ist. NBC erhält für gewöhnlich zahlreiche erstklassige Informationen aus Geheimdienstkreisen. Allerdings befinden sich die US-Geheimdienste aktuell im Clinch mit dem Militär und insbesondere mit US-Präsident Donald Trump. Es ist daher unklar, ob die lancierten Informationen der Lagebeurteilung im Weißen Haus entsprechen oder aber ob eine Fraktion in dem in Washington tobenden, beispiellosen Machtkampf versuchen will, eine bestimmte Aktion Trumps zu provozieren. Trump hatte bereits zu Beginn seiner Amtszeit einmal eine Kommandoaktion im Jemen befohlen, die in einem Desaster endete und die ihm die Schelte seiner Gegner eingetragen hatte. Ein Bombenangriff in Syrien war Trumps zweite Militär-Aktion, die ihm die Anerkennung seiner Gegner aus dem Neocon-Lager zuteil werden ließ.
Auch jetzt drängen die Neocons wieder auf Taten – allerdings operieren sie stark ersatzgeschwächt, weil Senator John McCain wegen eines Gehirntumors in ärztlicher Behandlung ist. Sein engster Partner, Lindsey Graham, sprach sich dagegen unmissverständlich für einen Präventivschlag aus: Den Worten Grahams zufolge wäre US-Präsident Donald Trump zu einem Präventivschlag gegen Nordkorea bereit, um das Land von einem Atomangriff auf US-Territorium anzuhalten. „Wenn Verhandlungen scheitern, dann ist er bereit, die ,strategische Geduld‘ aufzugeben und Präventivmaßnahmen zu ergreifen“, sagte Graham laut Reuters. Ob Graham wirklich weiß, was Trump und die Militärs planen, ist unklar: Trump hatte sich zu Beginn seiner Amtszeit ausdrücklich sehr distanziert über Graham geäußert.
Allerdings hatte am Wochenende bereits der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, General H. R. McMaster, in einem MSNBC-Interview einen Präventivschlag als Möglichkeit genannt. Darauf hatte Nordkorea mit einem Angriff auf Guam gedroht. Bis Mitte August solle ein Einsatzplan stehen, um vier Mittelstreckenraketen über Japan hinweg auf Guam abzufeuern, meldete die staatliche nordkoreanische Agentur KCNA. Die Raketen sollten demnach 30 bis 40 Kilometer vor Guam im Meer niedergehen. Experten in Südkorea warnten, die USA würden jeden Raketenabschuss in Richtung ihres Hoheitsgebietes als Provokation werten, selbst wenn Nordkorea den Start nur als Test deklarieren würde.
Der Einsatz von B1-Bombern würde, so NBC, dem Zwecke dienen, dass Russland und China die Sorge vor einem Atomkrieg genommen werden solle, weil die B1 keine Atomwaffen transportieren können. Allerdings ist davon auszugehen, dass Washington in dieser Frage mit Moskau und Peking einen engen Draht unterhält. Dies war bereits beim Bombenangriff auf Syrien so gewesen.
Es gilt als unwahrscheinlich, dass Nordkorea, dessen wirtschaftliche Kraft etwa bei der der DDR im Endstadium liegt, auch nur ansatzweise in der Lage wäre, einen Krieg gegen das größte Militär der Welt zu führen. Allerdings wird in von US-Diensten versorgten Informationen wie etwa auf VOX die Gefahr beschworen, es bestehe mit Nordkorea die größte Gefahr eines Atomkrieges seit vielen Jahrzehnten. VOX lässt Think-Tank-Leute zu Wort kommen, die sagen: Trump könnte eine Atomkrieg dadurch auslösen, dass er Nordkorea durch einen konventionellen Angriff zum Einsatz von Atomwaffen treiben könnte. US-Verteidigungsminister James Mattis hat in den vergangenen Tagen stets betont, man suche eine diplomatische Lösung.
Wirtschaftlich würde ein Krieg in Korea vor allem Südkorea schwer treffen. Das Land würde im Technologie- und im Automobilbereich massive Einbrüche zu verkraften haben. In beiden Bereichen ist Südkorea mit Samsung und Hyundai ein direkter Konkurrent der USA. Allerdings würden nach Analysen von Capital Economics auch die USA getroffen, weil sie den Wiederaufbau zu finanzieren hätten, wodurch das US-Haushaltsdefizit um 30 Prozent steigen könnte.
Goldman Sachs hatte noch vor einigen Tagen erklärt, dass die Investmentbank keine Eskalation erwartet, weil geopolitische Konflikte dieser Größenordnung in der jüngeren Vergangenheit stets durch Diplomatie und nicht durch Krieg gelöst worden seien.