Politik

Spanische Regierung ordnet Besetzung der Wahllokale in Katalonien an

Die spanische Regierung verschärft die Gangart gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien.
26.09.2017 20:11
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wenige Tage vor dem geplanten Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien leitet die Madrider Zentralregierung laut Reuters weitere Schritte ein, um die Abstimmung zu verhindern. Die regionale Polizei sei angewiesen worden, ab Freitag die Kontrolle über alle Wahllokale zu übernehmen, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag. "Wir können heute bestätigen, dass es kein erfolgreiches Referendum in Katalonien geben wird." Die katalanische Regionalregierung hielt an der Abstimmung fest. Es seien Benachrichtigungen an Wahlhelfer verschickt worden, damit eine Stimmabgabe möglich sei.

Damit verschärft sich die politische Krise wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien. Am Wochenende waren alle regionalen Polizeieinheiten der Befehlsgewalt des Innenministeriums in Madrid unterstellt worden.

Das Unabhängigkeitsvotum soll am Sonntag stattfinden. Die Regierung in Madrid lehnt die Abstimmung in der wirtschaftlich starken Region als verfassungswidrig ab. Die Katalanen fordern die EU auf, die Werte der EU zu verteidigen und gegen die repressiven Schritte Spaniens vorzugehen. Die Katalanen sehen sich für jede mögliche Eskalation gewappnet.

Die Regierung in Madrid hat tausende spanische Polizisten nach Katalonien geschickt, um das Referendum zu verhindern. Sie sollen in Fähren im Hafen von Barcelona untergebracht werden. Allerdings haben katalanische Hafenmitarbeiter angekündigt, die Versorgung der Fähren zu verweigern.

Die Staatsanwaltschaft wies die Regionalpolizei am Dienstag an, die für die Wahllokale zuständigen Verantwortlichen zu identifizieren, voraussichtliche Wahllokale abzusperren und bis Sonntag zu bewachen. Spaniens Minsterpräsident Mariano Rajoy sagte seine Teilnahme am Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs ab, der am Freitag in der estnischen Hauptstadt Tallinn stattfinden soll.

Die Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft werde normal umgesetzt, sagte ein Sprecher der katalanischen Regionalpolizei, der Mossos d'Esquadra, der Nachrichtenagentur AFP. Von der Haltung der Regionalpolizei, die ein hohes Maß an Autonomie genießt, sich aber an die spanischen Gesetze halten muss, hängt der Verlauf des Referendums ab, das am kommenden Sonntag abgehalten werden soll. Um ihre Kooperation sicherzustellen, will Spaniens Innenminister die Regionalpolizei am Wochenende unter seine Aufsicht stellen.

Aus Regierungskreisen in Madrid verlautete, vor dem Hintergrund der "katalanischen Frage" sei es für besser erachtet worden, dass Rajoy am Freitag an der Kabinettssitzung in Madrid teilnehme. Das Unabhängigkeitsreferendum soll nach dem Willen der katalanischen Führung am Sonntag stattfinden, obwohl das spanische Verfassungsgericht die Abstimmung für illegal erklärt hatte.

Die Generalstaatsanwaltschaft geht schon seit Mitte September gegen katalanische Bürgermeister, Schul- und Universitätsdirektoren vor, die das Referendum mit der Bereitstellung von Wahllokalen unterstützen wollen. Die Wahlkommission trat zurück, nachdem das spanische Verfassungsgericht mit Geldstrafen in Höhe von 12.000 Euro pro Tag gedroht hatte. Gegen die Organisatoren wurden bereits Ermittlungen eingeleitet. Die Polizei beschlagnahmte fast zehn Millionen Stimmzettel und schloss 59 Websites mit Informationen über das Referendum.

Der Außenminister der katalanischen Regionalregierung, Raul Romeva, zeigte sich unterdessen überzeugt, dass die Bevölkerung trotzdem ein Referendum abhalten werde. "Die Leute werden am Sonntag rausgehen und massenhaft friedlich abstimmen", sagte Romeva AFP. "Ich habe keinen Zweifel." Es werde genügend Stimmzettel, Wahlurnen und Wahllokale geben.

US-Präsident Donald Trump stellte sich bei Rajoys Besuch im Weißen Haus auf dessen Seite und sprach sich gegen eine Abspaltung Kataloniens aus. "Spanien ist ein großartiges Land und sollte vereint bleiben", sagte Trump bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Allerdings sei ohnehin ungewiss, ob das Referendum in der Region überhaupt stattfinden werde. Rajoy rief die katalanische Regierung bei seinem Treffen mit Trump auf, zum "gesunden Menschenverstand zurückzukehren".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturplan: Eine Chance für europäische Bauunternehmen?
09.07.2025

Deutschland plant das größte Infrastrukturprogramm seiner Geschichte. Doch es fehlen Bauarbeiter. Können andere europäische Firmen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs stabil trotzt Milliardenbewegung: Anleger bleiben dennoch vorsichtig
08.07.2025

80.000 Bitcoin aus der Satoshi-Ära wurden bewegt – doch der Bitcoin-Kurs blieb stabil. Was hinter dem Rätsel steckt, warum Investoren...

DWN
Politik
Politik Steinmeier drängt auf mehr gemeinsame Rüstungsprojekte in Europa
08.07.2025

Bei seinem Besuch in Lettland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für mehr Zusammenarbeit in der europäischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwäche in China bremst Porsche: Absatz geht im ersten Halbjahr zurück
08.07.2025

Porsche muss im ersten Halbjahr 2025 einen spürbaren Rückgang beim Fahrzeugabsatz hinnehmen. Besonders in China läuft das Geschäft...

DWN
Politik
Politik Trump verspricht Raketen für die Ukraine – doch zu welchem Preis?
08.07.2025

Donald Trump kündigt neue Waffenlieferungen an die Ukraine an – obwohl er sich lange zurückhielt. Ein Signal der Stärke oder Teil...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie auf Höhenflug: Wie realistisch ist das 250-Dollar-Ziel?
08.07.2025

Die Nvidia-Aktie eilt von Rekord zu Rekord – doch Analysten sehen noch Luft nach oben. Wie realistisch ist das Kursziel von 250 Dollar?...

DWN
Politik
Politik NATO-Chef erwartet Doppelangriff: China greift Taiwan an, Russland die NATO
08.07.2025

Ein gleichzeitiger Angriff Chinas auf Taiwan und Russlands auf die NATO – ausgerechnet NATO-Chef Mark Rutte hält dieses...