Vor kurzem haben sich die EU-Finanzminister beim Ecofin-Treffen in Estland grundsätzlich für die Einführung einer Steuer auf die Gewinne großer Technologiekonzerne, der sogenannten „Google-Tax“ ausgesprochen. Diese soll die großen Gesellschaften der Internetbranche dazu bewegen, fällige Steuern in jenem Land abzuführen, in dem sie auch ihre Erträge erzielen und nicht wie bisher zu den Steuersätzen jener Orte, an denen die Gesellschaft ihren Sitz hat. Gegen den Vorschlag formiert sich in der EU jedoch Widerstand.
Aktuell können international tätige Unternehmen wie Google, Apple, Amazon oder Facebook Steuerzahlungen in Europa mithilfe von legalen Konstruktionen, die durch Maßnahmen der Steuerumgehung gekennzeichnet sind, nahezu mühelos vermeiden. Ziel der Digital-Steuer sei eine gerechte Regelung, die zukunftstauglich und effizient sei. Die sehr hohen Gewinne, die Internetgesellschaften in der EU erwirtschafteten, müssten sich wie andere Unternehmenserlöse auch mit einem fairen Anteil am allgemeinen Steueraufkommen beteiligen, fordert die EU-Kommission.
„Dabei geht es auch um die Nachhaltigkeit unserer Steuereinnahmen, denn die traditionellen Steuerquellen geraten unter Druck. Und nicht zuletzt gilt es, die Integrität des Binnenmarkts zu wahren und Fragmentierung zu vermeiden, indem wir gemeinsame Antworten auf globale Herausforderungen finden“, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die Mitgliedstaaten der EU sollen sich auf einen eigenständigen und selbstbewussten Standpunkt der Gemeinschaft bis zum Frühjahr 2018 einigen.
Die EU-Kommission hatte Apple vergangenes Jahr eine Steuernachzahlung in Höhe von 13 Milliarden Euro aufgebrummt. Irland – wo Apple seinen EU-Sitz hat und Steuern zahlen muss – verweigert bislang die Rückforderung mit der Begründung, die Beihilfe werde falsch eingestuft. Das Land wehrt sich bereits juristisch gegen die Entscheidung der EU-Kommission aus dem Juni 2016. In den Jahren zuvor hatte Apple nur Steuern in sehr geringem Maße auf seine in Europa erzielten und in Irland zusammengefassten Gewinne gezahlt. Laut EU-Kommission sollen diese sich im Jahr 2014 beispielsweise auf lediglich 0,005 Prozent belaufen haben. Nun wurde bekannt, dass Irland Apple nun doch zur Zahlungen der Steuerrückstände bewegen will, obwohl die Klärung beim Europäischen Gerichtshof noch aussteht.
Aber nicht nur Irland ist in den Fokus der Steuerbehörden geraten, auch der EU-Mitgliedstaat Niederlande erweist sich für ausländische Superreiche und Unternehmen als beliebter Ort für Unternehmenssitze. Hier ist die Umgehung von hohen Steuersätzen derzeit ebenfalls auf ganz legale Art und Weise möglich. Gesellschaften wie Ikea, Starbucks, das mit dem indischen Konkurrenten Tata fusionierte deutsche Stahlunternehmen ThyssenKrupp oder Künstler wie beispielsweise die Rolling Stones nutzen den Standort, um anderswo dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen.
Das nächste Treffen der EU-Finanzminister soll am 6. Dezember stattfinden. Dabei sollen die Entwürfe für die „Google Tax“ in entscheidenden Passagen von den zuvor in Umlauf gebrachten Skizzen abweichen. In einer der Vorlagen heißt es beispielsweise, die Gemeinschaft bevorzuge eine Lösung des Problems auf globaler Ebene. Jedoch halten Beobachter ein solches Ziel für utopisch: Unter Experten gilt es als beinahe unmöglich, in kürzester Zeit eine weltweit einheitliche Besteuerung von international agierenden Konzernen zu erreichen.
Derartige Vorstöße müssen als Blockadeversuche durch Länder wie Irland oder die Niederlande verstanden werden, weil sie in der Praxis zu einer langwierigen Verzögerung des Maßnahmenpakets führen dürften. Daher war auch in einem ursprünglichen Entwurf für das Treffen der EU-Finanzminister die Rede davon, dass die Gemeinschaft durchaus auf eigene Rechnung allgemeingültige Steuermaßnahmen aufstellen solle, wenn eine globale Lösung nicht durchzusetzen sei.
Welche EU-Mitgliedsstaaten genau daran interessiert sind, dass eine Regelung über die geplante Digital-Steuer nicht zustande kommt, bleibt vorerst unklar. Der Gedanke liegt jedoch nicht allzu fern, dass es sich hierbei um die Steueroasen Irland und die Niederlande handelt. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hingegen gilt als ausdrücklicher Befürworter der Digital-Steuer und auch die beiden österreichischen Regierungsparteien hatten die Einführung der Steuerreform bereits in ihren Wahlprogrammen verankert.