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China und Ungarn wollen in Osteuropa Eisenbahnnetz bauen

Lesezeit: 4 min
09.12.2017 01:28
China und Ungarn wollen in Osteuropa ein Eisenbahnnetz errichten. Die EU beobachtet die Entwicklung mit Skepsis.

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China und Mazedonien haben sich am Dienstag darauf geeinigt, die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen zu intensivieren. Das „Belt and Road Portal” des chinesischen Außenministeriums meldet in einer Mitteilung, dass sich der chinesische Premierminister Li Keqiang und sein mazedonischer Amtskollege Zoran Zaev am Rande des sechsten „16+1”-Treffens vor allem auf die Kooperation in der Verkehrsinfrastruktur konzentrieren wollen.

Die „16+1”-Initiative Chinas, die im Rahmen des Projekts der neuen Seidenstraße („One Belt, One Road) durchgeführt wird, dient der Intensivierung und Erweiterung der Zusammenarbeit mit elf EU-Mitgliedstaaten und fünf Balkanländern. Dazu zählen Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Polen, Rumänien, Serbien, die Slowakei und Slowenien. Die Region hat eine Einwohnerzahl von 120 Millionen Menschen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit konzentriert sich vor allem auf die Bereiche der Infrastruktur, der Spitzentechnologien und der Erneuerbaren Energien. Das geht aus der Webseite des China-CEEC Business Councils hervor.

China hofft, dass Mazedonien sich aktiv am Bau der ungarisch-serbischen Eisenbahn beteiligen wird, sagte der chinesische Premier. China hatte sich vor zwei Jahren mit Ungarn und Serbien darauf geeinigt, eine Eisenbahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest zu bauen, berichtet Xinhua. „Die Eisenbahn verbindet nicht nur Serbien mit Ungarn, sondern schafft auch eine Verbindung zum Schienennetz in Südeuropa", sagte der serbische Premierminister Aleksandar Vucic im Jahr 2015.

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto kündigte in der vergangenen Woche an, dass die diesbezügliche öffentliche Ausschreibung für das Eisenbahnnetz, wodurch der Transport von chinesischen Waren nach Westeuropa erfolgen soll, gestartet wurde. „Wir haben in dieser Region die führende Rolle Chinas im Rahmen der neuen Weltordnung eher als Chance statt als Bedrohung angesehen”, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters Szijjarto.

Am Dienstag hatten China und Ungarn auf dem Gipfel-Treffen der „16+1”-Länder in Budapest zehn bilaterale Abkommen unterzeichnet, die die Bereiche der Landwirtschaft, des E-Commerce, der Finanzen, der Telekommunikation, des Tourismus und der Bildung abdecken, so Xinhua. „Diese Abkommen bedeuten, dass China seine Investitionen in Ungarn weiter erhöhen und dazu beitragen wird, mehr Arbeitsmöglichkeiten im Land zu schaffen (...). Diese Zusammenarbeit ist auch eine gute Gelegenheit für chinesische Unternehmen, fortschrittliche Technologie zu erlernen”, sagte Li, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban.

Der chinesische Premier fügte hinzu, dass die meisten chinesischen Investitionen in Mittel- und Europa (CEE-Region) nach Ungarn fließen würden. Ein Drittel der chinesischen Investitionen innerhalb der CEE-Region würde Ungarn absorbieren. Diese belaufen sich derzeit auf 4,1 Milliarden Dollar, wodurch etwa 10.000 Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums ist das Handelsvolumen zwischen China und Ungarn im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen. Die ungarischen Exporte nach China sollen innerhalb dieser Zeitperiode um 20 Prozent gewachsen sein.

Allerdings sind Chinas Investitionsmöglichkeiten im EU-Raum Grenzen durch die EU-Kommission gesetzt. Investitions-Handlungen von Drittstaaten innerhalb der EU sind besonderen Regulierungsanforderungen unterworfen.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Zum Umgang mit Investitionen von Drittstaaten in der EU hat die EU-Kommission in diesem September einen Vorschlag vorgelegt, in dem sie den rechtlichen Rahmen dafür vorgibt. Der Vorschlag bezieht sich auf das von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union angekündigte ,Investment Screening’ : ,Wenn ein ausländisches Staatsunternehmen die Absicht hat, einen europäischen Hafen, einen Teil unserer Energie-Infrastruktur oder ein Unternehmen im Bereich der Verteidigungstechnologie zu übernehmen, dann sollte dies in aller Transparenz sowie nach eingehender Prüfung und Debatte geschehen. Es ist eine Frage der politischen Verantwortung, dass wir wissen, was vor unserer eigenen Haustür passiert, sodass wir unsere kollektive Sicherheit schützen können, wenn es sein muss.’”

Das von der Kommission vorgeschlagene Regelwerk sieht der Kommission zufolge vor:

einen europäischen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen durch die Mitgliedstaaten zur Wahrung der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung. Er sieht auch Verpflichtungen in Sachen Transparenz vor, ferner die Regel der Gleichbehandlung ausländischer Investitionen unabhängig von ihrer Herkunft und die Verpflichtung zur Gewährleistung angemessener Möglichkeiten, Rechtsbehelf gegen Beschlüsse einzulegen, die nach diesem Überprüfungsmechanismen angenommen wurden;

einen Mechanismus für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission. Der Mechanismus kann aktiviert werden, wenn eine bestimmte ausländische Investition in mindestens einem Mitgliedstaat sich nachteilig auf die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in einem anderen auswirken könnte.

eine Überprüfung durch die Europäische Kommission zur Wahrung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung, wenn eine ausländische Direktinvestition in Mitgliedstaaten Auswirkungen auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse haben könnte. Beispiele dafür sind Projekte und Programme in den Bereichen Forschung (Horizont 2020), Weltraum (Galileo), Verkehr (transeuropäisches Verkehrsnetz – TEN-V), Energie (TEN-E) und Telekommunikation.

Der Sprecher der EU-Kommission führte weiter aus: „Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU im Rat müssen dem Vorschlag für eine Verordnung über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU zustimmen (ordentliches Gesetzgebungsverfahren). Damit nicht unnötig Zeit verloren wird, schlägt die Europäische Kommission vor, gleichzeitig sofort zwei zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen:

„Zum Ersten wird die Kommission eine Koordinierungsgruppe für den Zustrom ausländischer Direktinvestitionen einrichten, die sich nicht nur mit allen Fragen befassen wird, die in den Geltungsbereich der geplanten Überprüfungsverordnung fallen, sondern auch ein Forum für breitere Diskussionen bieten wird. In diesen großen Zuständigkeitsbereich fällt die Ermittlung von Bereichen und Vermögenswerten, die – aus dem Blickwinkel von Sicherheit, öffentlicher Ordnung und/oder Kontrolle kritischer Vermögenswerte – strategische Auswirkungen auf nationaler, grenzüberschreitender und europäischer Ebene haben. Die Gruppe, in der die Kommission den Vorsitz übernimmt, besteht aus Vertretern aller Mitgliedstaaten.

Die Gruppe wird Informationen und bewährte Verfahren sowie Analysen zu ausländischen Direktinvestitionen austauschen und über gemeinsame Anliegen beraten, etwa über Subventionen und ähnliche Praktiken von Drittländern zur Erleichterung strategischer Ankäufe.

Zum Zweiten wird die Kommission bis Ende 2018 eine eingehende Analyse der Ströme ausländischer Direktinvestitionen in die EU durchführen. Dabei legt sie besonderes Augenmerk auf strategische Bereiche (Energie, Weltraum, Verkehr) und Vermögenswerte (Schlüsseltechnologien, kritische Infrastruktur, sensible Daten), deren Kontrolle für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung problematisch sein kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Investor im Eigentum oder unter der Kontrolle eines Drittlands steht oder wenn ihm nennenswerte staatliche Subventionen gewährt werden. Die Kommission wird in Kooperation mit den Mitgliedstaaten detaillierte”.


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