Politik

Schaden durch Cum-Ex-Skandal viel höher als bekannt

Lesezeit: 2 min
11.01.2018 15:02
Der Umfang des Skandals um Steuervermeidung von Banken und Spekulanten in Deutschland nimmt zu.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  
Steuern  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Steuerskandal um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte hat einem Medienbericht zufolge weit größere Ausmaße als bislang bekannt. Staatsanwälte und Steuerfahnder gingen mittlerweile in 417 Fällen gegen Banken, Anwälte und Finanzunternehmen vor, berichteten NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Im Herbst war demnach noch von rund 260 Fällen die Rede gewesen. Die Grünen beklagten am Donnerstag fehlende politische Konsequenzen aus dem Steuerskandal.

In den nun untersuchten Fällen geht es dem Bericht zufolge um einen mutmaßlichen Betrug am Staat in Höhe von 5,3 Milliarden Euro. Ein vom Bundestag eingesetzter Untersuchungsausschuss sei im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis gekommen, dass der Schaden bei unter einer Milliarde Euro liege.

Diese Zahl korrigierte das Bundesfinanzministerium nun deutlich nach oben. Geldinstitute und deren Partner hätten nach Ansicht der Ermittler den Fiskus jahrelang und systematisch getäuscht, um hohe Gewinne auf Kosten der Steuerkassen zu machen. Die meisten Ermittlungen laufen bei der Staatsanwaltschaft in Köln – diese wollte sich mit Blick auf die laufenden Verfahren jedoch nicht äußern.

Bei Cum-Ex-Geschäften kaufen und verkaufen Banken unmittelbar um einen Dividendenstichtag herum in Leerverkäufen Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch und lassen sich eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer von den Finanzämtern mehrmals erstatten. Das Steuerschlupfloch wurde für inländische Banken 2007 geschlossen, für ausländische erst 2012.

Von den 5,3 Milliarden Euro, die nun dem Bericht zufolge als Betrugsschaden im Raum stehen, haben die Finanzämter dem Bericht zufolge bislang 2,4 Milliarden Euro erfolgreich zurückgefordert, beziehungsweise bei frühzeitigem Verdacht die geforderten Summen gar nicht erst erstattet. Juristisch geht es nun nach Einschätzung der Ermittler um Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen, darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.

Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick erklärte angesichts der bekannt gewordenen Zahlen, nun zeige sich, dass der Skandal viel größer sei als von der großen Koalition im Untersuchungsausschuss behauptet. Würden die „unbekannten Fälle aus früheren Jahren“ hinzugenommen, liege das Volumen wie von den Grünen geschätzt bei „mindestens“ zehn Milliarden Euro. „Was fehlt, sind nach wie vor die politischen Konsequenzen“, kritisierte Schick. Dazu komme aus dem Bundesfinanzministerium „nichts“.

Das hessische Finanzministerium erklärte, das Bundesland verfolge Steuerkriminalität durch Cum-Ex-Geschäfte „konsequent“ und sei Vorreiter bei der Aufklärung in diesem Bereich. Die hessische Finanzverwaltung habe bislang in 32 Steuerfällen ermittelt, der Schaden werde auf 1,3 Milliarden Euro beziffert, erklärte das Landesministerium. Davon konnten demnach bereits 770 Millionen Euro wieder für das Gemeinwesen verbucht und über hundert Millionen Euro an Steuerrückständen bei Banken getilgt werden.

Aus Ermittlerkreisen heißt es, der Skandal werde sich voraussichtlich noch ausweiten. Bekannt ist bislang, dass gegen Banken aus dem In- und Ausland ermittelt wird.


Mehr zum Thema:  

DWN
Panorama
Panorama Vor UN-Klimakonferenz: Studie präsentiert alarmierende Daten
08.10.2024

Ein Forscherteam hat 35 planetare Lebenszeichen analysiert. Über zwei Drittel dieser Daten zeigen einen besorgniserregenden Trend - es...

DWN
Politik
Politik Bürgergeld: Habeck will Langzeitarbeitslosen Arbeit bezahlen - mit 1000 Euro Motivationsprämie zusätzlich
08.10.2024

Ab Januar 2025 sollen Arbeitslose mit einer „Anschubfinanzierung“ von 1.000 Euro belohnt werden, wenn sie einen längerfristigen Job...

DWN
Panorama
Panorama Bahn bald 23 Prozent teurer? Länder warnen vor Erhöhung der „Schienenmaut“
08.10.2024

Die Nutzung der Schiene soll ab 2026 drastisch teurer werden - obwohl besagte Schiene nicht im allerbesten Zustand ist. Ganz im Gegenteil....

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuerreform 2025: Wie viel Grundsteuer muss ich zahlen?
08.10.2024

Millionen Haushalte müssen mit deutlich höheren Kosten rechnen und es gibt bei der Grundsteuer auf Immobilien große Unterschiede. Je...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft China verhängt Anti-Dumping-Maßnahmen auf EU-Brandy
08.10.2024

China hat vorläufige Anti-Dumping-Maßnahmen gegen europäischen Branntwein (Brandy) verhängt. Hintergrund ist der andauernde...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten dämpfen Zinssenkungshoffnungen – Chinainvestoren jubeln
08.10.2024

Es bleiben spannende Zeiten: In den USA dürfte die Zeit der großen Zinsschritte bereits wieder vorbei sein, China könnte die Talsohle...

DWN
Politik
Politik Nahost-Konflikt: Steinmeier sieht Deutschland in einem Spannungsfeld wegen Hamas
08.10.2024

Ein Jahr nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel bewertet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Situation in Deutschland als...

DWN
Politik
Politik Ungarn fordert Ausstieg aus EU-Asylregeln - Konflikt mit Brüssel
08.10.2024

Ungarn hat in einem Brief an die EU-Kommission offiziell gefordert, aus den bestehenden EU-Asylregeln auszusteigen. Der ungarische...