Politik

Nach Energiewende: Deutsche Stromversorger versuchen Neuanfang

RWE und E.ON wollen die Landschaft der deutschen Stromversorger neu ordnen. Das dürfte nach der Energiewende nicht ganz einfach werden.
11.03.2018 22:16
Lesezeit: 2 min

Zwei Jahre nach der Aufspaltung von E.ON und RWE stellen sich die größten deutschen Versorger neu auf. Die RWE-Tochter Innogy soll zwischen den Konzernen aufgeteilt werden und RWE eine Minderheitsbeteiligung an E.ON erhalten, wie die Unternehmen am Sonntag mitteilten. Die komplexe Transaktion sehe einen umfassenden Tausch von Geschäftsaktivitäten und Beteiligungen vor sowie eine Barzahlung von RWE an E.ON in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. E.ON würde sich nach der Transaktion auf das Netzgeschäft mit Strom und den Vertrieb fokussieren, die erneuerbaren Energien sollen unter dem Dach von RWE gebündelt werden. RWE könnte sich dann auf die Produktion von Strom konzentrieren.

Noch ist die Milliarden-Transaktion aber nicht endgültig: So müssen die Aufsichtsräte der Versorger zustimmen. Diese berieten am Sonntag über die Pläne, Beschlüsse werden am Montag erwartet. Auch die Beschäftigten müssen noch überzeugt werden. Die Experten von Bernstein rechnen mit Einsparungen von 500 Millionen Euro - vor allem beim Personal. "Die Zeiten werden unruhig", hieß es im Lager der Arbeitnehmer. E.ON sei aber berechenbarer als ein Versorger aus Südeuropa. Ein Branchenkenner sagte, vor allem in dem künftig bei E.ON gebündelten Vertriebsgeschäft könnten Jobs gestrichen werden.

In Kreisen der Arbeitnehmervertreter wurden die Pläne auch als Chance gesehen. "Durch die Neuordnung bieten sich Perspektiven, die Geschäfte weiter zu entwickeln", sagte ein Arbeitnehmervertreter Reuters. E.ON und RWE hätten alleine nicht ausreichend Mittel, um die Erneuerbaren Energien sowie das Netz-und Vertriebsgeschäft voranzubringen.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet begrüßte das Vorhaben, und sagte laut der "Rheinischen Post", dass die Interessen der Beschäftigten von größter Bedeutung seien. "Ich habe mit den Verantwortlichen in der Unternehmungsführung und den Gewerkschaften bereits am Wochenende über die Sicherung des Standorts und der Arbeitsplätze gesprochen. Erfolgreich lässt sich der neue Weg nur mit den Gewerkschaften und den Beschäftigten gestalten." Die kommunalen Anteilseigner bei RWE reagierten überrascht. "Die Pläne müssen erst einmal geprüft werden", sagte Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre (VkA) in Westfalen, der Nachrichtenagentur Reuters. Erst danach könne es eine Entscheidung geben.

"Der Deal läuft auf eine interessante Neuordnung der Stromversorgerlandschaft hierzulande raus", sagte Union Investment Portfolio-Manager, Thomas Deser. Eine Konsolidierung sei logisch, um Größenvorteile auch im europäischen Maßstab zu erreichen. Auf den ersten Blick sehe es nach einem vorteilhaften strategischen Schritt für E.ON aus. Aber auch RWE bekomme mit dem Ökostromanlagen eine Ergänzung zu dem rückläufigen Atom- und Braunkohlegeschäft. Ein beteiligter Banker sagte, E.ON sehe bei dem Deal etwas besser aus. "E.ON bekommt die stabilen Netze und RWE das etwas risikoreichere und wettbewerbsintensive Geschäft mit den Erneuerbaren." RWE habe sich mit den ebenfalls interessierten ausländischen Versorgern Enel, Engie und Iberdrola nicht einigen können und unter Druck gestanden.

Innogy hat derzeit einen Marktwert von rund 19 Milliarden Euro. RWE hält noch rund 77 Prozent. Für die übrigen Anteile will E.ON ein freiwilliges Übernahmeangebot in bar von 40 Euro je Aktie vorlegen, was ingesamt 5,2 Milliarden Euro kosten könnte. Nach der Grundsatzeinigung soll RWE zunächst eine Beteiligung an E.ON von 16,67 Prozent erhalten. Zudem solle RWE den weitgehenden Teil von E.ONs Erneuerbare-Energien-Geschäfts erhalten, das gesamte Erneuerbare-Energien-Geschäft von Innogy, das Innogy-Gasspeichergeschäft sowie den Anteil am österreichischen Versorger Kelag. Auch solle RWE die von der E.ON-Tochter PreussenElektra gehaltenen Minderheitsbeteiligungen an den von RWE betriebenen Kernkraftwerken Emsland und Gundremmingen erhalten. Innogy, RWE und E.ON legen von Montag bis Mittwoch ihre Bilanzen vor. RWE hatte Innogy mit den Geschäften Ökostrom, Netze und Vertrieb 2016 an die Börse gebracht.

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hat zwar dem Konzern mit dem Ökostrom ein weiteres Standbein verschafft. Er setzt aber weiter auf Kohle- und Gaskraftwerke. RWE schaut sich Insidern zufolge Kraftwerke von EnBW und Engie an, worüber auch das "Handelsblatt" vorab berichtete. Schmitz hatte zudem ein Auge auf Anlagen von Uniper geworfen für den Fall, dass der finnische Angreifer Fortum diese bei einer Übernahme abstoßen will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...