Finanzen

Russland-Sanktionen treffen Banken und Investoren aus dem Westen

Die US-Sanktionen gegen Russland Anfang April treffen westliche Investoren, Banken und Vermögensverwalter.
02.05.2018 00:08
Lesezeit: 3 min

Mehrere russische Unternehmen haben in Folge der amerikanischen Sanktionen die Regierung in Moskau um Liquiditätsspritzen in Höhe von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro gebeten. Zu den Firmen zähle auch der weltweit zweitgrößte Aluminiumproduzent Rusal, zitierte die Agentur Interfax Finanzminister Anton Siluanow vor einigen Tagen.

Sanktionen wirken sich auf internationale Finanzmärkte aus

Rusal hatte zuvor bereits mitgeteilt, dass durch die US-Sanktionen bestimmte Zahlungsverpflichtungen gefährdet seien. Die Unternehmensgruppe trägt knapp 7,7 Milliarden Schulden in US-Dollar in den Büchern – davon 1,1 Milliarden Dollar-Anleihen, die in fünf Jahren fällig werden. In US-Dollar bezahlen kann Rusal die Schulden nicht, da dies über US-Banken geschehen müsste. Ein Ausfall der Anleihen wäre so ein wahrscheinliches Szenario, sagten Analysten von Raiffeisen Capital gegenüber Bloomberg Anfang April.

Auch Polyus, Russlands größter Gold-Produzent, hat mehr als 5 Milliarden US-Dollar Schulden. Die Rendite der US-Dollar-Anleihen mit Laufzeit bis 2024 verdoppelt sich mit Bekanntwerden der Sanktionen. Hinzu kommt, dass viele russische Unternehmen US-Dollar im Tagesgeschäft benötigen. Rusal soll beispielsweise mehr als 60 Prozent seines Geschäfts in US-Dollar abwickeln, so die Zeitung RBK.

Die US-Sanktionen untersagen US-Amerikanern generell, Geschäfte mit den betroffenen russischen Unternehmen oder Personen abzuwickeln. So könnte auch ein Eingreifen von staatlichen kontrollierten Banken zu riskant sein. Sie könnten so selbst zum Ziel der Sanktionen werden.

Paradox: Westliche Investoren werden bestraft

Diese Sorge teilen auch die Abwicklungsgesellschaften. Clearstream blockt alle Wertpapiertransaktionen von und mit allen betroffenen Individuen oder Unternehmen. Dies betrifft auch Unternehmen, an denen die Individuen zu mehr als 50 Prozent beteiligt sind. Clearstream verwaltet die meisten Wertpapiere in Deutschland und gehört zur Deutschen Börse AG. Auch Euroclear, die zweite große Abwicklungsgesellschaft, machte klar, dass es keine Geschäfte mit Betroffenen machen werde.

Der Londoner Anleihen-Händler Antonio Agresta von City & Continental sagte Bloomberg, dass die Sanktionen paradox seien. Russland solle bestraft werden, aber westliche Investoren müssten Verluste hinnehmen. Halter von Anleihen könnten diese momentan nicht verkaufen.

Russlands Unternehmen benötigen Zugang zu internationalen Finanzmärkten

Russlands Auslandsverschuldung betrug Ende März 525 Milliarden US-Dollar. Seit Jahresbeginn nahm sie damit um 6,1 Milliarden US-Dollar zu – ein Zuwachs von 1,2 Prozent. Grund dafür sei die stärkere Auslandsnachfrage nach Staatsanleihen, so die russische Zentralbank. Insgesamt ging die Auslandsverschuldung Russlands seit den ersten Sanktionen 2014 zurück.

Die Bedeutung ausländischer Investoren für Russlands Privatwirtschaft zeigt sich an der Aufteilung der Auslandsschulden: Auf den russischen Staat und die Zentralbank entfallen nur knapp 15 Prozent der Schulden gegenüber dem Ausland, wie die zweite Grafik zeigt. Auf Banken entfallen 20 Prozent der Schulden. Fast zwei Drittel tragen private Akteure und Organisationen aber auch ganz oder teilweise verstaatlichte Unternehmen.

Nur knapp ein Viertel der Gesamtschulden ist dabei in Rubel, der Rest ist in der jeweiligen Währung des Geldgebers angelegt. Im privaten Sektor beträgt die Fremdwährungsquote sogar 80 Prozent. Nur sechs Prozent der Schulden sind kurzfristig fällig.

Volles Ausmaß der Sanktionen noch unklar

Die Aktie der österreichischen Raiffeisen Bank International (RBI) verlor direkt nach Bekanntwerden der Sanktionen 12 Prozent. Die Bank betrieb Ende 2016 laut eigener Angaben 181 Filialen in Russland und bediente mehr als 2,3 Millionen russischer Kunden. Auch die Absicherung gegen den Ausfall von russischen Schulden wurde durch die Sanktionen teurer. Fünfjährige Credit-Default Swaps (CDS) stiegen um 12 Prozent – der höchste Anstieg seit Dezember 2014.

Shamilia Khan, zuständig für Schwellenmärkte bei AllianceBernstein, sagte Bloomberg, dass das Unternehmen vorsichtig mit russischen Schulden sei. Der Markt hätte ihrer Meinung nach das Risiko durch die Sanktionen und deren Auswirkungen auf die Betroffenen noch nicht vollständig berücksichtigt. Ähnlich äußerte sich ein Manager von BlackRock: Es sei schwer abzusehen, wen es als nächstes treffen würde. Das Land sei grundsätzlich aber attraktiv für Investitionen. BlackRock ist laut Bloomberg der wichtigste Halter von russischen Rubel-Schulden.

Kollateralschaden mit unabsehbaren Folgen

Russland ist trotz der Sanktionen eng mit den internationalen Märkten verwoben. Und so wirken sich die Sanktionen dreifach schädlich auf westliche Unternehmen aus: Auslandsgeschäfte werden häufig in Dollar abgewickelt, für ausstehende Verbindlichkeiten droht ein Zahlungsausfall. Ebenso sind Kredite gefährdet, die an russische Firmen vergeben wurden. Und zuletzt verliert das Land an Attraktivität für zukünftige Geschäfte.

Zudem bleibt fraglich, ob die Sanktionen ihr Ziel tatsächlich erreichen können. Die russische Wirtschaft ist hochgradig abhängig vom Energiegeschäft. Die Sanktionen treffen bestimmte andere Teile der russischen Wirtschaft hart. Insgesamt profitiert das Land aber von der positiven Entwicklung des Ölpreises.

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