Finanzen

Italien: Investoren trennen sich von Aktien und Anleihen

Lesezeit: 2 min
08.05.2018 17:24
Investoren haben sich am Dienstag auf breiter Front aus italienischen Wertpapieren zurückgezogen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aus Sorge vor einem politischen Chaos in Italien haben Anleger dort am Dienstag die Flucht ergriffen. „Das ist kein guter Tag für italienische Wertpapiere“, sagte Carlo Franchini, Chef der Geschäftskundensparte der Banca Ifigest. „An den Märkten macht sich die Angst vor Neuwahlen breit.“ Anleihe-Experte Neil Mellor vom Brokerhaus BNY Mellon sieht die Entwicklungen in Italien als eines der größten Risiken derzeit für die weltweiten Bondmärkte. Das Land hat eine der höchsten Schuldenquoten in Europa. Auch am Devisenmarkt war die Sorge spürbar: Der Euro verbilligte sich auf 1,1879 Dollar.

Der Leitindex der Mailänder Börse sackte um 2,4 Prozent auf 23.950 Punkte nach unten und stand vor dem größten Tagesverlust seit den jüngsten Wahlen Anfang März. Unter den größten Verlierern waren Aktien von Banken. Die italienischen Geldhäuser haben ausfallgefährdete Kredite in hohem Umfang in ihren Büchern. Sie könnten Beobachtern zufolge durch politische Probleme und eine dadurch drohende wirtschaftliche Delle noch stärker in die Bredouille geraten. Bper Banca, Banco BPM, Finecobank, UBI Banca und Unicredit verloren zwischen drei und sechs Prozent und waren unter den schwächsten Aktienwerten im Stoxx 600. Der italienische Bankenindex fiel um drei Prozent auf den tiefsten Stand seit drei Wochen.

Auch italienische Staatsanleihen warfen Anleger aus den Depots. Die Rendite der zehnjährigen Titel stieg im Gegenzug auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 1,83 Prozent. Der Renditeabstand zur vergleichbaren Bundesanleihe kletterte auf den höchsten Stand seit drei Wochen. Zugleich zogen die Kosten für die Absicherung gegen einen Zahlungsausfall bei italienischen Anleihen ebenfalls deutlich an.

Die Bemühungen zur Bildung einer Regierungskoalition in Italien sind gescheitert. Präsident Sergio Mattarella warb für eine Expertenregierung, die bis Ende 2018 im Amt bleiben soll. Die 5-Sterne-Bewegung und die Lega lehnen diesen Vorschlag aber ab und fordern eine neue Wahl im Juli.

Der DZ Bank zufolge wäre es für Finanzspekulanten die beste Lösung, wenn es zu einer Expertenregierung käme und diese möglichst lange im Amt bliebe. „Dies würde zum einen die politische Unsicherheit zumindest übergangsweise reduzieren, zum anderen könnte dies verhindern, dass eine weniger berechenbare Regierung populistischer Kräfte die Amtsgeschäfte führte.“ Die Bank riet dazu, italienische Bonds im Portfolio unterzugewichten, da bei Laufzeiten über fünf Jahren weitere Ausweitungen der Risikoaufschläge zu erwarten seien.

Auch Investmentstratege Lyn Graham-Taylor von der Rabobank riet zu Vorsicht, sollte es tatsächlich zu baldigen Neuwahlen kommen. Die 5-Sterne-Bewegung und die Lega hätten in Umfragen derzeit noch mehr Zuspruch von Wählern als beim Urnengang im März. Beide Parteien gelten als Euro-kritisch.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...