Aus Verärgerung über die Nahost-Politik der Bundesregierung hat Saudi-Arabien offenbar einen Auftragsstopp für deutsche Firmen verhängt. Der neue Thronfolger Mohammed bin Salman habe einen internen Vergabestopp für Regierungsaufträge angeordnet, berichtet der Spiegel am Freitag vorab aus seiner neuen Ausgabe. Davon seien Großkonzerne wie Siemens, Bayer und Boehringer betroffen, die seit Jahren intensiv mit dem Gesundheitsministerium in Riad zusammenarbeiteten. Auch der Autobauer Daimler, der Hunderte Mercedes-Busse für den neuen Nahverkehr in Riad und Dschidda liefern solle, gehöre zu den Leidtragenden. "Wir können den Spiegel-Bericht nicht bestätigen, unser Geschäft läuft normal weiter", sagte ein Daimler-Sprecher. Siemens, Bayer und Boehringer wollten sich nicht äußern.
Die Maßnahme könnte im Zusammenhang mit dem harten Kurs stehen, den US-Präsident Donald Trump gegen die deutsche Wirtschaft fährt. Der Thronfolger Mohammed bin Salman hat ein gutes Verhältnis zur neuen US-Administration. Die US-Regierung will ein geopolitisches Umfeld schaffen, in dem US-Unternehmen deutschen Firmen MArktanteile abnehmen können. In diesem Zusammenhang sind auch die Iran-Sanktionen zu sehen. Deutschland hat sich in dieser Frage gegen die USA positioniert. Der Iran gilt nach offizieller Lesart als der Erzfeind der Saudis im Nahen Osten.
Die saudiarabische Regierung wollte sich auf Reuters-Nachfrage zunächst nicht zu dem Bericht äußern. Ein in Riad tätiger hochrangiger deutscher Manager bestätigte die Angaben aber teilweise. "Die schmerzhaftesten Auswirkungen sind derzeit im Gesundheitswesen zu spüren", sagte der Manager, der anonym bleiben wollt, zu Reuters. "Es ist vor allem das Gesundheitsministerium, das nicht so bestellt." Oft sei zu hören, dass der Palast dazu geraten habe, sich nicht mit deutschen Firmen zu beschäftigen, sondern sich Alternativen zu suchen.
Insgesamt sind etwa 800 deutsche Firmen im Königreich aktiv. 2017 summierten sich die deutschen Exporte nach Saudi-Arabien auf knapp 6,6 Milliarden Euro - mehr als doppelt so viel wie in den Iran geliefert werden. Dennoch entspricht diese Summe lediglich 0,5 Prozent der gesamten deutschen Warenausfuhren des vergangenen Jahres.
Saudi-Arabien hatte im November 2017 seinen Botschafter aus Deutschland zurückgerufen. Grund waren Aussagen des damaligen Bundesaußenministers Sigmar Gabriel. Dieser hatte Saudi-Arabien indirekt "Abenteurertum" in der Region vorgeworfen. Deutschland setzt sich zudem für ein Festhalten am Atomabkommen mit dem Iran ein, mit dem Saudi-Arabien verfeindet ist.