Wetten auf ein nahendes Ende der ultra-lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) haben dem Euro am Donnerstag einen Schub verliehen. Außerdem äußerte sich US-Starinvestor Warren Buffett optimistisch, dass es die Gemeinschaftswährung auch in zehn Jahren noch gibt. Sie kostete am Abend 1,1829 Dollar und war damit rund drei US-Cent teurer als vergangene Woche. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe zog ebenfalls an und markierte mit 0,517 Prozent ein Zwei-Wochen-Hoch.
Von der Hoffnung auf steigende Zinsen profitierten auch die Finanzwerte, die den Gesamtmarkt stützten. Weil aber die Euro-Aufwertung die Wettbewerbschancen heimischer Firmen auf dem Weltmarkt schmälert, gab der Dax 0,2 Prozent auf 12.811,05 Punkte nach. Der EuroStoxx50 stagnierte bei 3461,96 Zählern. An der Wall Street fiel der Technologie-Index Nasdaq nach einem Rekordhoch von 7697,41 Punkten zur Eröffnung bis zum Abend um 0,7 Prozent.
Genährt wurden die EZB-Spekulationen von den jüngsten Äußerungen führender Notenbanker. So bezeichnete Bundesbankchef Jens Weidmann die Markterwartung eines Endes der EZB-Anleihenkäufe zum Jahresende als "plausibel". Offenbar rechneten Anleger fest damit, dass die EZB das sogenannte Tapering nach ihren Beratungen in der kommenden Woche ankündigen wird, sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Er warnte aber vor überzogenen Erwartungen, denn ein kräftiger Anstieg der Inflation sei bislang nicht in Sicht. Damit könnte die Normalisierung der Geldpolitik langsamer kommen als gedacht.
Da sich die Kreditzinsen an den Anleihe-Renditen orientieren, setzten einige Anleger auf steigende Gewinne der Banken aus dem klassischen Geldverleih-Geschäft. Der Index für die Institute der Euro-Zone stieg um 0,6 Prozent. Deutsche Bank und Commerzbank gehörten mit einem Kursgewinn von jeweils etwa einem Prozent zu den Favoriten im Dax.
An der Wall Street stiegen die Aktien von Ralph Lauren sogar um bis zu 4,5 Prozent auf ein Dreieinhalb-Jahres-Hoch von 145,92 Euro. Der Modekonzern will zusätzliche Aktien im Volumen von einer Milliarde Dollar zurückkaufen und hob die Quartalsdividende um ein Viertel an.
Auch Italien ist weiter ein Thema: "Noch immer ist es ein Rätsel, wie die erhöhten Ausgaben finanziert werden sollen," sagte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Die Koalition will das Wachstum mit öffentlichen Geldern ankurbeln - trotz der bereits hohen Staatsverschuldung. Aus diesem Grund trennten sich Anleger von italienischen Staatsanleihen. Dies treibt die Rendite der zehnjährigen Titel wieder über drei Prozent.
Für Verunsicherung sorgte außerdem der bevorstehende Gipfel der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7). Dort droht am Wochenende wegen der harten US-Haltung beim Thema Schutzzölle Streit auf offener Bühne. Bislang setzten Anleger auf eine Einigung, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. "Doch diese Hoffnung könnte auch schnell verfliegen."
Am Rohölmarkt verteuerte sich die Nordsee-Sorte Brent um zwei Prozent auf 76,84 Dollar je Barrel (159 Liter). Lieferschwierigkeiten des Opec-Mitglieds Venezuela schürten Börsianern zufolge Spekulationen auf Nachschub-Engpässe. Seefracht-Daten zufolge warten vor den Häfen des krisengebeutelten Landes Tanker mit einem Gesamtvolumen von 24 Millionen Barrel auf ihre Ladung. Dies entspricht in etwa der venezolanischen Exportmenge im April.