Politik

Deutsche Post muss Prognose korrigieren, Aktie bricht ein

Die Deutsche Post muss ihre Prognose korrigieren - obwohl sie noch vor einigen Wochen dazu keinen Grund gesehen hatte.
08.06.2018 19:23
Lesezeit: 2 min

Der kostspielige Boom im Paketgeschäft und Versäumnisse der Vergangenheit schmälern den Gewinn der Deutschen Post in diesem Jahr um eine Milliarde Euro. Der Bonner Konzern schraubte am Freitag völlig überraschend die Prognose für den operativen Gewinn (Ebit) um fast ein Viertel auf rund 3,2 Milliarden Euro herunter. Post-Chef Frank Appel räumte Fehler ein: "Wir sind in einigen Bereichen vielleicht zu schnell gewachsen", sagte er bei einer Telefonkonferenz. Die Post hat unter anderem damit zu kämpfen, dass durch den Online-Handel zwar ihr Paket-Service floriert, die dafür notwendigen Zusteller und ihre Fahrten aber auch immer mehr kosten. Die Sparte soll nun umgebaut werden, was zunächst weitere Ausgaben verursacht.

Die Post-Aktie ging in der Spitze um neun Prozent in die Knie.

Der Kurs der Aktien sackte um bis zu neun Prozent ab und gingen 4,6 Prozent tiefer bei 31,17 Euro aus dem Handel. "Dass das Briefgeschäft nicht gut läuft, war bekannt, aber dass es so schlecht ist, wurde nicht erwartet", sagte ein Händler laut Reuters. Die neue Prognose liege deutlich unter den Markterwartungen, sagte ein anderer Händler.

Schon die Entwicklung zu Jahresbeginn hatte die Anleger aufhorchen lassen, denn ein Gewinnrückgang im Brief- und Paketgeschäft bremste den Logistikriesen im ersten Quartal aus. Die Sparte war zwar schon länger das große Sorgenkind der Post, weil das Briefgeschäft durch den Siegeszug der E-Mail und anderer elektronischer Kommunikationswege jedes Jahr weiter schrumpfte. Auf der anderen Seite verlieh aber der durch Amazon, Zalando & Co. boomende Online-Handel dem Paket-Geschäft DHL Flügel und kurbelte dort den Umsatz an. Die Post eilte hier von Rekord zu Rekord.

Dass in der Sparte dennoch etwas im Argen liegt, ahnten Beobachter, als Appel vorübergehend persönlich die Geschäfte von Paket-Chef Jürgen Gerdes übernahm. Und tatsächlich wuchsen in Gerdes alter Sparte die Kosten schneller als die Umsätze. Das lag auch daran, dass die Beschäftigten des ehemaligen Staatsmonopolisten dank eines Tarifvertrags mit der Gewerkschaft Verdi seit vergangenem Oktober weitere 1,7 Prozent mehr verdienen, in diesem Oktober kommen noch einmal drei Prozent dazu. Zudem wütete die Grippewelle in Deutschland im Winter auch bei der Post, hohe Krankenstände führten zu Zusatzkosten.

Appel räumte am Freitag ein, dass die Post in den vergangenen Jahren zu wenig in die Weiterentwicklung des operativen Geschäfts investiert habe. Jetzt will der Konzernchef pro Jahr zusätzlich 100 bis 150 Millionen Euro in die Hand nehmen, um dies nachzuholen und jährlich Einsparungen in Höhe von 150 bis 250 Millionen Euro zu erzielen. Zu seinen Plänen gehört auch ein Vorruhestandsprogramm, das 2018 zunächst mit Aufwendungen von 500 Millionen Euro zu Buche schlägt, aber bis 2020 jährlich Kosten von mindestens 200 Millionen Euro einsparen soll. Wie viele Mitarbeiter für dieses Programm infrage kommen, ließ Appel zunächst offen.

An der Preisschraube zu drehen, ist nicht nur für die Kunden unangenehm, sondern auch für den Konzern schwierig: Zwar hat die Post bereits angekündigt, vom 1. Juli an die Preise für Bücher- und Warensendungen zu erhöhen. Bei anderen Angeboten sei es aber wegen lange laufender Verträge mit Geschäftskunden schwierig, kurzfristig die Tarife anzuheben, so Appel. Bei den Briefen wartet die Post noch auf die Entscheidung der Bundesnetzagentur über eine Preiserhöhung im kommenden Jahr.

An der Planung für 2020 mit einem Ebit von mindestens fünf Milliarden Euro hält Appel unterdessen fest. "Wir nehmen jetzt bewusst kurzfristige negative Ergebniseffekte in Kauf, um langfristig nachhaltiges Wachstum zu sichern", erklärte er.

Die Anleger tröstete das aber nicht. Sie flüchteten nach der Gewinnwarnung aus der Aktie. Die Papiere bildeten das Schlusslicht im Leitindex Dax und steuerten auf den größten Tagesverlust seit sechs Jahren zu. "Die Prognosesenkung kam völlig überraschend,", sagte ein Händler. An seiner Dividendenpolitik wolle der Konzern aber festhalten, betonte Finanzchefin Melanie Kreis.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...