Deutschland

Deutsche Bank verlagert Euro-Clearing nach Frankfurt

Die Deutsche Bank wird einen Großteil des Euro-Clearing künftig von Frankfurt aus anbieten.
30.07.2018 10:43
Lesezeit: 1 min

Der Brexit wirft weiter seine Schatten auf die Londoner City: Die Deutsche Bank wird künftig einen Teil ihres auf Euro lautenden Clearing-Neugeschäfts in Frankfurt und nicht mehr im Londoner Bankenviertel abwickeln. Ein Sprecher von Deutschlands größtem Geldhaus bestätigte am Montag einen entsprechenden Bericht der "Financial Times" zum Teil. Mit der Umstellung seien allerdings keine Jobverlagerungen von der Themse an den Main verbunden, sagte er. Der Sprecher korrigierte frühere Angaben und macht nun klar, es handele sich nur um Neugeschäft und nicht um bestehendes Geschäft. Zum Umfang machte er keine Angaben. Die "FT" hatte berichtet, es sei fast die Hälfte der entsprechenden Aktivitäten.

Die Entscheidung der Deutschen Bank, künftig auf Kundenwunsch Geschäft in Frankfurt abzuwickeln, spielt der Deutschen Börse in die Hände. Sie bemüht sich derzeit, im Zuge des Austritts Großbritanniens aus der EU derartige Geschäfte nach Frankfurt zu ziehen. Wichtigster Akteur in diesem Bereich ist LCH Clearnet, eine Tochter der Londoner Börse LSE. Bei der Deutschen Börse betreibt die Derivate-Tochter Eurex dieses Geschäft, ihr Marktanteil ist zwar zuletzt gestiegen, liegt mit aktuell acht Prozent aber immer noch weit unter dem von LCH.

Unter Clearing versteht man die Abrechnung und Abwicklung von Wertpapiergeschäften. Es steht damit zwischen dem Handel selbst und der sogenannten Verwahrung (Custody). Clearinghäuser stehen zwischen Verkäufer und Käufer und sind so einem hohen Risiko ausgesetzt, falls eine Partei im Handel ausfällt. Sie gelten deshalb als riskant für das Finanzsystem und werden seit der Finanzkrise genau überwacht. Im schlimmsten Fall müssten sie nämlich durch Steuergeld gestützt werden.

Die Deutsche Börse hatte im vergangenen Oktober ein Programm gestartet, durch das sie es für Finanzmarktakteure attraktiver machen will, ihre Clearingaktivitäten nach Frankfurt zu bringen. Inzwischen nutzen 29 Firmen dieses Programm, Tendenz steigend. Die LSE wollte sich am Montag nicht zu der Entscheidung der Deutschen Bank äußern, ebensowenig die Europäische Zentralbank (EZB): Sie hat gefordert, dass der direkte Zugang zu einer lokalen Marktinfrastruktur wie dem Clearing Voraussetzung für Banken ist, um nach dem Brexit in der EU weiterhin Geschäfte machen zu dürfen. Die Notenbank ist der Oberaufseher über die Banken in den Euro-Ländern.

Im seit Monaten laufenden politischen Streit um das Euro-Clearing hatte die Bank von England immer wieder erklärt, eine Aufteilung des milliardenschweren Marktes zulasten Londons werde die Kosten für die gesamte Finanzwirtschaft in die Höhe treiben. Die Eurex bestreitet das. Das Finanzzentrum London fürchtet, dass ein Abwandern des Euro-Clearings an Standorte innerhalb der EU mittelfristig zu Jobverlagerungen führen könnte und der wichtigste britische Wirtschaftszweig, die Finanzbranche, dadurch geschwächt wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Politik
Politik USA drosseln Waffenhilfe – Europa unter Zugzwang
03.07.2025

Die USA drosseln die Waffenhilfe für Kiew. Europa muss die Lücke schließen. Wie geht es weiter?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....