Politik

Verfassungsgericht beginnt Verhandlungen zur Bankenunion

Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag mit der Verhandlung über die Klagen gegen die von der EU-Kommission angestrebte Bankenunion begonnen.
27.11.2018 10:38
Lesezeit: 1 min

Die als Konsequenz aus der Finanz- und Schuldenkrise in Europa eingeführte sogenannte Europäische Bankenunion wird vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe verhandelte am Dienstag über mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Neuregelungen zur gemeinsamen Bankenaufsicht sowie zur möglichen Abwicklung von maroden Geldhäusern. Die Bundesregierung verteidigte die bereits vor fünf Jahren auf den Weg gebrachten Maßnahmen. (Az. 2 BvR 1685/14 und 2 BvR 2631/14)

Gegen die Regelungen hatte eine Gruppe um den Berliner Juristen und Wirtschaftswissenschaftler Markus Kerber bereits im Jahr 2014 Verfassungsbeschwerden eingelegt. Sie sehen einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Aus ihrer Sicht gibt es für die von ihnen angegriffenen Beschlüsse zur Bankenunion keine Rechtsgrundlage in den Europäischen Verträgen.

Im Mittelpunkt des Verfahrens stünden "Kompetenzfragen und nicht etwa Fragen zur Sinnhaftigkeit der Bankenunion, über die das Bundesverfassungsgericht nicht zu befinden hat", stellte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der mündlichen Verhandlung klar.

Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Neuregelungen zur Bankenaufsicht, die der Europäischen Zentralbank (EZB) eine zentrale Rolle zuschreiben. Die EZB hat dadurch etwa eine direkte Aufsicht über als "systemrelevant" eingestufte Geldhäuser bekommen.

Zudem werden von den Klägern Regelungen zur Abwicklung zahlungsunfähiger Banken in Europa angegriffen. Mit den neu geschaffenen Befugnissen auf europäischer Ebene ist das Ziel verbunden, die Kosten für Steuerzahler im Krisenfall möglichst gering zu halten. Dafür ist auch ein Abwicklungsfonds geplant, der sich noch im Aufbau befindet.

Kerber als Verfahrensbevollmächtigter der Kläger kritisierte, es sei "unfassbar", dass Deutschland im Zuge der Bankenunion Hoheitsrechte einfach aufgegeben habe. Er zeigte sich überzeugt, dass nationale Kompetenzen in diesem Bereich "unverzichtbar" seien. Deutschland hafte jetzt für Bankenausfälle in Europa, habe aber bei der Bankenaufsicht potenziell nichts mehr zu sagen.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Christine Lambrecht (SPD), verteidigte dagegen die Neuregelungen. Eine nationale Aufsicht stoße angesichts der internationalen Verflechtungen der Banken an seine Grenzen, sagte Lambrecht. Europäische Regelungen zur Aufsicht und zur Abwicklung von Banken seien "Schlüsselelemente, um Krisen entgegenzuwirken". Es sei bei der Bankenunion darum gegangen, die Krisensicherheit in der Währungsunion zu verbessern.

Der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, wertete die Neuregelungen zur Bankenaufsicht in Karlsruhe als erfolgreich. Das Niveau der Aufsicht habe durch das jetzige Format "deutlich gewonnen", sagte Hufeld. Die Art der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden habe sich bewährt. Er sei vor fünf Jahren skeptischer gewesen. Doch das System funktioniere nicht nur, die heutige Praxis sei "besser als die Summe der Einzelbehörden".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...