Finanzen

Europas Banken schnappen sich Groß-Kunden aus Zypern

Das Vertrauen der Russen in das Bankensystem Zyperns ist zerstört. Sie werden ihre Geschäfte künftig anderswo machen und werden auch bereits von Banken aus ganz Europa umworben. Ein zypriotischer Anwalt mit russischen Klienten fragt. „Warum ist es in Zypern Geldwäsche und in London ein angesehenes Geschäft?“
25.03.2013 15:56
Lesezeit: 2 min

Der Restrukturierung der Banken von Zypern ist vor allem eine willkommene Markt-Bereinigung für die europäischen Großbanken. Sie können sich nun einige Filet-Stücke herauspicken von Investoren, die ihr Geld nicht mehr auf Zypern parken wollen.

Lästige Mitbewerber aus dem Süden fallen nun weg und helfen den notorisch unterkapitalisierten Banken aus Europa, an neue Assets zu kommen.

Bereits in der vergangenen Woche hatte es, wie die FAZ gemeldet hatte, trotz geschlossener Banken rege Kapitalbewegungen gen Norden gegeben. Seit feststeht, dass das zypriotische Banken-System plattgemacht wird (hier), bemühen sich Banken aus ganz Europa in Zypern darum, die vom zypriotischen Bankensystem enttäuschten Anleger als Kunden zu gewinnen. Dabei handelt es sich unter anderem um Banken aus Deutschland, der Schweiz, Andorra und Lettland. Dies meldet die FT.

Es ist allerdings noch immer unklar, wann und in welchem Umfang die russischen Geschäftsleute wieder an ihr Geld kommen werden. Doch freiwillig werden sie ihr Geld nicht in Zypern lassen, und weiteres Geld wird mit Sicherheit nicht nach Zypern überwiesen. Denn das Vertrauen in die Banken des Landes ist zerstört (mehr hier).

Zerstörung der Lebensgrundlage Zyperns

Die Russen und die russischen Unternehmen werden sich von Zypern abwenden. „Sobald das Geld das Land verlässt, gehen auch die Menschen, die Restaurants besuchen und die Autos und Immobilien kaufen“, zitiert die FT Fedor Mikhin, den Eigentümer eines internationalen Schifffahrtsbetriebs. Die Lebensgrundlage der Zyprioten werde verschwinden.

„Sie sagen, wir betreiben hier nur Geldwäsche, aber sie haben von dem Geld über mehr als zehn Jahre gelebt“, sagt Mikhin. Die Zyprioten würden nicht anerkennen, in welchem Ausmaß Russland die Wirtschaft des Landes gestärkt habe. „Wenn die Russen gehen, wer wird im Hotel Vier Jahreszeiten für 500 Dollar pro Nacht übernachten? Angela Merkel?“, so Mikhin.

Tausende Anwälte und Sekretärinnen sind besorgt und wütend, dass ihre russischen Kunden dem Land den Rücken kehren. Denn sie könnten bald ihre Jobs verlieren und somit das Schicksal vieler Angestellten der beiden größten Banken Zyperns teilen.

Scheinheiligkeit der EU

Andreas Neocleous, Anwalt für einige der reichsten Osteuropäer, berichtet von Anrufen besorgter russischer Klienten. „Was sollen wir ihnen sagen? Wir können sie nicht zum Bleiben zwingen.“ Zudem kritisiert er die Scheinheiligkeit, mit der die EU Zypern behandle. Die meisten seiner Klienten machten auch Geschäfte mit angesehenen europäischen Kanzleien. Sie würden jetzt ihre Geschäfte in andere europäische Länder verlegen.

„Erfolg führt zu Neid und Eifersucht“, sagt Neocleous. Zyperns Geschäfte mit Osteuropa und Russland mache nur einen Bruchteil der deren Geschäfte in Europa aus. Und den wolle die EU dem Land nun auch noch wegnehmen. Ein anderer in Nicosia ansässiger Anwalt sagt: „Ich verstehe nicht, warum es Geldwäsche ist, wenn es in Zypern geschieht. Wenn es aber in London geschieht, dann ist es ein vollkommen anerkanntes Unternehmen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...

DWN
Politik
Politik Wann greift Russland an? Geheimdienste rechnen mit 2028
22.01.2025

Russischer Angriff ab 2028? Geheimdienste warnen davor, dass Russland die EU in den kommenden Jahren an der Ostgrenze angreift. Laut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank - Schwäche der deutschen Wirtschaft hält an, aber es gibt Hoffnungsschimmer
22.01.2025

Der Bundesbank zufolge ist ein Aufschwung in der deutschen Wirtshaft ist vorerst nicht in Sicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Doch etwas...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mogelpackung des Jahres: Granini Trinkgenuss Orange enttäuscht Verbraucher - wie Sie Mogelpackungen erkennen
22.01.2025

Verbraucher fühlen sich getäuscht: Der "Granini Trinkgenuss Orange" wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des...

DWN
Politik
Politik Scholz in Paris bei Macron: „Europa wird sich nicht ducken“
22.01.2025

Zwei Tage nach der Vereidigung Trumps stimmen Scholz und Macron sich ab, wie sie mit dem Kurswechsel in der US-Politik umgehen wollen. Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verpackungssteuer Tübingen: Bundesverfassungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit
22.01.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verpackungssteuer Tübingen als verfassungsgemäß bestätigt. Die Abgabe, die seit Januar 2022 auf...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...